Ausgabe 36 · Juni 2023
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Leiterwagen
Ein Leiterwagen, das war früher einmal ein »Pferde- oder Handwagen mit
leiterartigen Seitenteilen« – so steht es im Duden. Für Transporte mit dem
Fahrrad ist das traditionelle Gefährt mit vier Holzrädern und drehbarer
Deichsel allerdings denkbar ungeeignet. Der Leiterwagen, den ich hier
präsentieren möchte, ist wortwörtlicher zu verstehen. Denn wie lässt sich
eine Doppelleiter von mehr als

Die Grundkonstruktion
Da war doch noch der kleine Lastenhänger im Schuppen, Modell 1950er Jahre,
der dank hoher Handdeichsel ebenso gut als Handwagen wie als
Fahrradanhänger (früher gern auch am Mofa) zu verwenden ist. Also wurde
die Leiter einfach mal mittig auf den Hänger gelegt, dabei der Handgriff
zwischen zwei Sprossen eingefädelt und dann mit zwei kurzen Spannriemen
vorn und hinten auf den Rahmenholmen des Hängers verzurrt (Bild 2). Nun
reicht das Zugmaul des Handgriffs natürlich nicht mehr bis zur Kupplung am
Fahrrad. Stattdessen wird eine neue Deichsel direkt an der Leiter
befestigt. Dazu wird ein gut



Probefahrt
Die leichte Skepsis vor der ersten Fahrt weicht schnell der Gewissheit,
dass sich auch Kurven und Bremsmanöver kaum anders anfühlen als mit kurzen
Anhängern. Mit dem Pedelec als Zugmaschine kann man glatt vergessen, dass
hinten etwas dranhängt. Dabei sollte man schon auf den Kurvenradius achten
und ausreichend Abstand zu Bordsteinen einhalten. Und immer die Kupplung
gut sichern. Als ich einmal vergessen hatte, die Sicherungsschraube zu
schließen, wurde ich nach einer Bodenwelle tatsächlich von dem, offenbar
gut austarierten, Hänger überholt. Glücklicherweise konnte ich die
Zugstange noch mit der Hand greifen und so die letzten
Version 2
Der alte Hänger ist mittlerweile an zwei Stellen für den neuen Einsatz modifiziert: Zum einen ist die Deichsel abmontiert, da das Einfädeln der Leiter umständlich war. Außerdem sind an das Rahmengestell vorn und hinten je zwei Holzplatten zur Aufnahme und seitlichen Führung der Leiter angeschraubt. Mit einem Drehriegel wird die Leiter nun sehr schnell und sicher auf dem Anhänger fixiert. Das ist etwas komfortabler als mit Spannriemen, gerade, wenn man nachträglich im Inneren des Hängers noch Kleinkram verstauen will, der nicht durch die Sprossen passt.


Noch nicht ganz gelöst ist das Lärmproblem. Die zweiteilige Aluleiter mit zwei höhenverstellbaren Stützen klappert leider gehörig bei der Fahrt. Zwei Dämmschläuche um die Leiterstützen bringen nur leichte Abhilfe.
Andere Anwendungen
Sehr schnell hat sich herausgestellt, dass die Konstruktion nicht nur für
den Leitertransport, sondern für alles Mögliche mit Überlänge, was nicht
ins Auto passt, geeignet ist. Mit einer einfachen

Kurvenradius
In engen Kurven sollte man schon beachten, dass hinten noch ein paar Meter dranhängen, und einen gewissen Abstand vom Bordsteinrand einhalten.

Zur besseren Einschätzung, wie groß der Abstand sein muss, zunächst folgender theoretischer Ansatz: Genau wie für den Hänger gilt auch schon fürs Fahrrad an sich, dass das Hinterrad einen kleineren Kreis als das Vorderrad fährt. Der Zusammenhang scheint einfach: Der Kurvenradius des Vorderrads (a), der Radius des Hinterrads (b) und der Radstand (c) bilden ein rechtwinkliges Dreieck.
Mit dem Satz des Pythagoras kann der Unterschied der Kurvenradien von Vorder- und Hinterrad leicht berechnet werden:
Bei einer typischen Rechtskurve mit einem Kurvenradius von a =
Der gleiche Ansatz sollte auch für den Anhänger gelten. Hier ist als
»Radstand« c der Abstand zwischen Kupplung und Hängerachse einzusetzen und
der beträgt bei der oben beschriebenen 4,8-m-Leiter immerhin etwa

Im praktischen Fahrtest auf dem örtlichen Schulhof konnten die berechneten Radien, im Rahmen der Messgenauigkeit, recht gut bestätigt werden.
Position des Hängers unter der Leiter: mittig oder hinten?
Bisher habe ich die Leiter immer mittig auf dem Hänger befestigt.
Stattdessen kann man sich auch einen »Nachläufer« vorstellen, bei dem das
hintere Ende der Leiter auf dem Hänger aufliegt, ähnlich wie bei einem
Langholztransporter (Bild 10). Zum einen erhöht sich dann die Gewichtslast
auf der Kupplung und außerdem zieht der – ungelenkte – Nachläufer dann in
der 10-m-Kurve fast


Kipppunkte: zu schnell in die Kurve – ab wann wird es brenzlig?
Die Leiter oben auf den Rahmen des Hängers zu legen und die Kupplung an der Sattelstütze zu befestigen erschien mir eine schnelle und einfache Lösung. Durch die hohe Deichsel lässt sich das Gefährt auch leicht mal ein paar Meter von Hand ziehen, ohne dass man dafür einen Buckel machen muss. Allerdings liegt der Schwerpunkt der Konstruktion relativ hoch, was die Gefahr des Umkippens in schnellen Kurven erhöht.
Wann es brenzlig wird, lässt sich sicherlich durch Ausprobieren herausfinden oder erst mal in der Theorie berechnen:

Sowohl der Hänger als auch die Doppelleiter wiegen je
(1)
FG = Gewichtskraft; m = Masse; g =
Schwerebeschleunigung =
(2)
Fz = Zentrifugalkraft; v = Geschwindigkeit; r = Kurvenradius
(3)
b = Breite; h = Höhe
(1) und (2) eingesetzt in (3)
Bei

Kosten
Die Kugelkopf-Kupplung mit Zugmaul lag bei etwa
StVZO-konform?
Einem Ordnungshüter bin ich im Hängereinsatz bisher noch nicht begegnet.
Möglicherweise hätte der nicht so viel Freude an dem Leiterwagen wie ich.
Aber dafür gibt es zunächst einmal keinen Grund: In § 63 a der StVZO heißt
es unter anderem, dass »Fahrräder und Fahrradanhänger … dem Stand der
Technik … entsprechen (müssen)«. Dazu gehört sicherlich eine geeignete
Kupplung, korrekte Bereifung und ausreichende Beleuchtung – das lässt sich
alles einrichten. Die zulässigen Abmessungen von Fahrzeugen und
Fahrzeugkombinationen regelt § 32 und da ist im Allgemeinen eine
höchstzulässige Gesamtlänge von
Zudem kursiert im Netz noch ein Merkblatt des Verkehrsministeriums von
1999, nach dem die Länge ungebremster Hänger auf maximal
Zum Autor
Tilman
Lohbeck, Jahrgang 1966, wohnt seit zwanzig Jahren auf dem Land in
Kusterdingen-Mähringen, plant beruflich Heizanlagen und manchmal auch
privat, ist ganz überwiegend mit dem Rad unterwegs zur Arbeit, zum
Einkaufen und auf den Trails der Schwäbischen Alb gerne auch beim
Bike-Marathon.