Ausgabe 38 · Juni 2024

Ortlieb-Taschen »entgnubbeln«

Ein störendes Detail an einer an sich praktischen Packtasche beseitigen

von Stefan Buballa

Packtaschen von Ortlieb waren damals – vor vielen Jahren – eine echte Erlösung: Egal, ob es junge Hunde oder kleine Katzen regnete, der Kram, der einmal in diesen versenkt war, blieb schlicht trocken. So wurden diese Taschen über Jahre hinweg auf vielen Radreisen meine Begleiter.

Was stört?

Ist die Tasche (mit Halterung Quicklock 1 oder 2) voll gepackt, ist es eine nervige Angelegenheit, z. B. Hefte (DIN A4) oder Brettchen entlang der Hinterwand in die Taschen zu schieben, denn dort ragen bei vielen Modellen kantige Gegenmuttern aus Kunststoff ca. 9 mm in den Innenraum. Alles nicht Elastische bleibt beim Reinschieben hängen. Menschen, die ihre Taschen zum Pendeln verwenden, berichten sogar von durchgescheuerten Hüllen oder beschädigten Laptops.

Bild 1: Gegenmuttern bei Quicklock 1 und 2

Was tun?

Die Thematik ist natürlich nicht neu und wurde auch schon in Onlineforen ausführlich diskutiert. Ziel dieses Beitrags ist es jedoch, kurz verschiedene Lösungsmöglichkeiten gegenüberzustellen und praktische Tipps zu geben. Die ab Quicklock 2.1 verbauten »linsenförmigen« Gegenmuttern sind übrigens dicker (ca. 9 mm) als die offizielle Nachrüstoption (s. u.), denn sie enthalten einen Gewindeeinsatz. Leider hat Ortlieb auf meine Presseanfrage bezüglich der Thematik nur ganz knapp geantwortet – klar ist nur, dass der Abschied von dem Nervteil immer noch nicht da ist. Bei allen Taschen mit Quicklock 1 bleibt alles, wie es ist!

Der einfachste Weg, diese Hindernisse loszuwerden, scheint erst mal, bei Ortlieb das Ersatzschraubenset (E 205) zu bestellen – allerdings braucht mensch pro Tasche (!) 2 Sets, um alles zu »entgnubbeln«. Die Kosten belaufen sich auf 6 bis 8 € pro Set. Man erhält dafür die üblichen sechs einfachen Blechschrauben mit sechs Kunststoff-Gegenmuttern, die nun aber abgerundet sind und keine Kanten mehr aufweisen. Die Muttern selbst sind etwas flacher (4,4 mm) und ragen nicht ganz so weit in den Innenraum.

Bild 2: Original Gegenmutter Quicklock 2.1 (unten), Gegenmutter aus Ersatzschraubenset E 205 (oben)
Bild 3: Rückseite der Gegenmutter aus Ersatzschraubenset E 205 neben Bohrung

Allerdings ragt der Gewindezapfen bei dieser Version tief in die Rückenplatte und so lassen sich die Gegenmuttern leider nicht einfach gegen die eckigen Dinger austauschen. Beim Umrüsten muss hier erst gebastelt und die Rückenplatte aufgebohrt werden. Das ist insbesondere bei den Verschraubungen, die weiter unten in der Tasche sitzen, ausgesprochen lästig.

Bild 4: Ätsch – passt nicht!

Findige Reiseradler haben daher andere Möglichkeiten entwickelt, die das Problem eleganter lösen. Der »Trick«, auf dem all diese Lösungen basieren, ist, den Muttergewindeteil, der eine gewisse Mindesthöhe braucht, einfach nach außen zu legen. Das sorgt dafür, dass er innen, wo er echt nervt, weniger vorsteht.

Das erste Konzept, das ich vorstellen möchte, nutzt Vollmetallrosetten. Dies sind spezielle Unterlegscheiben für Senkkopfschrauben, in denen der Kopf ganz verschwindet. Da diese Rosetten angeschrägt sind, hakelt es nicht mehr so. Auch sind sie flacher als die Originale von Ortlieb.

In M4 tragen sie innen 2,5 mm bei 11 mm Durchmesser auf, in M5 3 mm bei 14 mm. Im Radreise & Fernradler Forum hat GeorgR dazu eine ausführliche Anleitung gepostet. Auch unser Redaktionskollege Samuel Littig hat diese Rosetten mit M4-Senkkopfschrauben in 12 oder 14 mm (diese Länge erfordert jedoch eventuell zusätzliches Ablängen) genutzt. Statt der Stoppmutter lässt sich außen auch eine Hutmutter verwenden, dann muss die Schraubenlänge natürlich exakt passen.

Bild 5–7: Umbau mit Vollmetallrosetten

Eine Alternative, die unser Redaktionskollege Olaf Schultz genutzt hat, ist die Verwendung von M4-Linsenkopfschrauben. Am besten eignen sich solche mit Flansch und Torx-Antrieb. Kombiniert werden diese Schrauben dann mit M5-Kotflügelscheiben. Bei dieser Umbauvariante steht die Verschraubung innen ca. 3–3,5 mm vor.

Bild 8–9: Umbau mit Linsenkopfschrauben

Schließlich lassen sich auch einfache, große Unterlegscheiben und M5-Senkkopfschrauben in 12 mm verwenden. Diese Kombination passt bei einem Back-Roller plus mit Quicklock 2 zusammen mit kleinen Unterlegscheiben außen unter der Stoppmutter perfekt ohne nachträgliches »Abschleifen«.

Um einen möglichst geringen Überstand zu erreichen, wird die Unterlegscheibe innen »drei Nummern zu groß« gewählt: Große Scheiben für M8 (DIN 9021) haben einen Außendurchmesser von 24 mm. Dies verteilt die Belastung optimal auf der Fläche der Platte. Wenn die Scheiben nun vorsichtig minimal angesenkt werden, verschwinden die Köpfe der Senkkopfschrauben plan im Niveau der Unterlegscheiben. Und diese tragen dann innen nur noch 1,9 mm auf. Bei Verwendung von M5-Schrauben muss man diese quasi in die Löcher der Originalverschraubung schrauben, da die Bohrungen in der Rückwand für M5 etwas knapp sind. Da dies aber der Dichtigkeit nur förderlich sein kann, habe ich die Bohrungen nicht aufgeweitet und lieber »einmal mehr geschraubt«.

Bild 10: Senkkopfschraube, Scheibe, Scheibe mit Senkung
Bild 11–12: Entgnubbelt!

Zusammenfassung

Mit wenigen Handgriffen lässt sich der Konstruktionsfehler der innen vorstehenden Gegenmuttern beheben. Ortlieb-Taschen mit diesem Makel lassen sich so dauerhaft noch universeller nutzen.

Stückliste

Version mit Rosetten

  • M4-Senkkopfschrauben 14 mm, A2-Edelstahl
  • Rosetten Vollmetall M4, A2-Edelstahl
  • DIN 9021-Unterlegscheiben 4,3 mm M4
  • Sicherungsmuttern DIN 985 Polystop

Version mit Linsenkopfschrauben

  • Linsenkopfschraube DIN 7380/oder ISO 7380 M4 x 12, A2-Edelstahl
  • »Kotflügelscheibe« DIN 522 M5 DIN 9021, Unterlegscheiben 5,4 mm M5 (für außen)
  • Selbstsichernde Mutter DIN 985 M4

Version mit M8-Unterlegscheiben

  • M5-Senkkopfschrauben 12 mm, A2-Edelstahl
  • DIN 9021-Unterlegscheiben 8,7 mm M8 (für innen), angesenkt auf 10 mm
  • DIN 9021-Unterlegscheiben 5,4 mm M5 (für außen), groß oder klein (Schienenmitte)
  • Sicherungsmuttern DIN 985 Polystop

Zum Autor

Stefan Buballa, Arzt, Alltags- und Reiseradler. Selbstbau eines Reiserades und eines Alltags-Kurzliegers. Er ist fasziniert von der Schlichtheit und ökologischen Effizienz muskelkraftbetriebener Fahrzeuge. Besondere Interessen: ergonomische und leistungsphysiologische Aspekte. Besondere Schwächen: Radreisen in Afrika und Nahost …