Fahrradzukunft

Ausgabe 39 · Dezember 2024

Fahrradanhänger und Fahrradtransportbox

von Malte Rothhämel

Einleitung

In einer Zeit, in der nachhaltige Mobilität immer wichtiger wird, spielen Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel eine zentrale Rolle. Leider harmonieren diese beiden Verkehrsmittel oft nicht optimal miteinander, insbesondere bei längeren Distanzen. In seiner Masterarbeit hat Tim Wimmelbacher sich mit dem Design eines Fahrradtransport-Tragekoffers beschäftigt. Der Koffer soll nicht nur den Transport von Fahrrädern in Zügen und Flugzeugen erleichtern, sondern auch für den Gepäcktransport am Fahrrad dienen.

Wimmelbacher hat diese Arbeit im Rahmen seines Masterstudiums im Bereich Vehicle Engineering an der Königlich Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm, Schweden, im Frühjahr 2023 geschrieben. Die Aufgabenstellung stammte vom Verfasser dieser Kurzvorstellung, der auch akademischer Betreuer der Arbeit war.

Es gibt bereits Taschen und Tragekoffer für Fahrräder, aber deren Transport auf dem Fahrrad selbst ist oft umständlich bis unmöglich. Ziel dieser Arbeit war es daher, einen Tragekoffer zu entwerfen, der folgende Anforderungen erfüllt:

  • Nutzung als Box für den Fahrradtransport im Zug oder Flugzeug
  • Nutzung als Fahrradanhänger für den Transport des persönlichen Gepäcks

Auch so etwas hat es schon gegeben. Die Firma Bike Friday, bekannt für ihre Falträder, hat für eines ihrer Tourenräder bereits den Koffer Travel Trailer im Angebot, in dem man das Faltrad geschützt transportieren kann, den man jedoch auch als Anhänger hinter dem Faltrad ziehen kann. Komplett wiegt der Anhänger 9 kg.

Für die Falträder Brompton, Birdy und Arnimal hat die Firma Radical Design den Fahrradanhänger Cyclone IV Chubby entworfen, der auf einer weichen Tasche basiert, die mit einer festen Plattform verbunden ist. Mit 16-Zoll-Rädern ist der Anhänger mit 6 kg vergleichsweise leicht.

Im hier genannten Fall stand die Flexibilität im Mittelpunkt, um verschiedene Fahrradtypen von Rennrädern über Trekkingbikes bis hin zu Mountainbikes aufnehmen zu können. Tandems und Cargobikes wurden hier nicht betrachtet. Auch E-Bikes wurden weitestgehend außen vor gelassen, da z. B. im Flugzeug der Transport der Akkus über 99 Wh nicht zugelassen ist.

Fluggesellschaften handhaben die Mitnahme von Fahrrädern sehr unterschiedlich. Maximalgewichte von 30–32 kg sind die Regel, teilweise mit einer Begrenzung der Maße. Viele E-Bikes fallen allein schon wegen des Gewichts, ansonsten aber wegen der verbauten Li-Ion-Akkus heraus.

In der Bahn ist die Fahrradmitnahme zunehmend wieder möglich, allerdings ist die Anzahl der Stellplätze sehr begrenzt und es sind noch nicht alle Züge umgerüstet. Vor allem in Ferienzeiten kann es schwierig werden, ein Fahrrad als solches mitzunehmen. Hingegen werden große Gepäckstücke, vor allem Koffer, meistens klaglos akzeptiert.

Marktanalyse

Die billigste Variante einer Transportbox ist der Fahrradkarton wie er bei Fahrradläden häufig als Verpackungsmüll anfällt. Üblicherweise bekommt man die Kartons kostenfrei und kann sie nach dem Transport relativ einfach entsorgen. Für den Rückweg muss dann ein neuer Karton beschafft werden, was meistens funktioniert. Die An- und Abreise zum Flughafen kann damit aber schwierig werden.

Daneben gibt es Hard- sowie Softbags. Hartbags sind vergleichbar mit Hartschalenkoffern, wie man sie im übrigen Gepäck auch kennt. Softbags sind mehr oder weniger stark gepolsterte Taschen, die vom Prinzip her mit Wanderrucksäcken vergleichbar sind. Die Preise beginnen im Bereich von 50 € für Softbags (z. B. B&W bike sack) und können bis zu 1.000 € für Hartschalenkoffer erreichen (z. B. Thule Roundtrip oder Scicon Aerotech).

Das Problem ist dann üblicherweise, dass man die Transportbehälter vor Ort aufbewahren lassen muss – sofern man an diesen Ort zurückkommt. Ein Transport auf dem Fahrrad ist nur mit vergleichsweise dünnen Taschen möglich, größere Taschen sowie Fahrradboxen sind effektiv nicht transportierbar.

Anforderungen

Das zu transportierende Fahrrad wurde durch eine maximale Rahmenhöhe von 62 cm bzw. 24″ definiert sowie durch sogenannte 29er-Räder, sprich 622 mm Felgendurchmesser plus Reifenbreite bis 65 mm, was zu einem Konstruktionsmaß von 750 mm führte.

Das Anhängerdesign wurde durch den faltbaren Atlas-Anhänger sowie den Cyclone IV Chubby Fahrradanhänger inspiriert, bei denen Räder und Deichsel abnehmbar gestaltet sind. Eine einspurige Konstruktion wurde verworfen, da der Anhänger sehr breit, alternativ sehr hoch baut, was mit dem Einspurkonzept, wie man es von beispielsweise Ibex kennt, nicht harmoniert.

Für die Räder wurde in Erwägung gezogen, ausschließlich auf größere Rollen zu setzen, wie sie in Inlineskates zum Einsatz kommen. In entsprechender Größe und Qualität können diese sehr leise rollen, allerdings ist der Rollwiderstand vergleichsweise hoch und die erreichbare Bodenfreiheit extrem begrenzt. Schon an Bordsteinkanten kann es zum Aufsetzen kommen.

Für das Fahrrad gilt, dass die Räder ausgebaut werden müssen. Je nach Fahrradgröße müssen der Lenker demontiert und der Vorbau gedreht werden. Ob Schutzbleche und Gepäckträger demontiert werden müssen, ist ebenso eine Frage der Rahmengröße sowie der Ausformung der Schutzbleche; in den meisten Fällen wird man davon ausgehen können, dass diese Teile ebenfalls demontiert werden müssen.

Die unterschiedlichen Anforderungen wurden in einem morphologischen Kasten aufgelistet, um verschiedene mögliche Kombinationen einzelner Lösungsmöglichkeiten zu vergleichen. Mithilfe einer Bewertungsmatrix wurde schließlich eine Hartschalvariante aus ABS-Kunststoff und 12″-Rädern präferiert.

Bild 1: 3-D-CAD-Modell des Fahrradanhängers

Entwurf

Der entworfene Anhängerkoffer wiegt 13 kg, hat eine Länge von 1.230 mm, eine Breite von 866 mm sowie eine Höhe von 350 mm und bietet Platz für ein zerlegtes Fahrrad sowie die Deichsel und die Anhängerräder. Die Radgröße von 12″ stellt wie bei dem Travel Trailer von Bike Friday den Kompromiss zwischen möglichst kleinen Rädern für wenig Gewicht und einer ausreichenden Bodenfreiheit dar. Die Höhe eines hohen Kantsteins galt als Anforderung, um im Stadtverkehr einen solchen Bordstein diagonal abwärts überfahren zu können. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass der Anhänger im Betrieb nach hinten geneigt ist, wenn die Deichsel an die Nabe eines 29er-Hinterrads anschließt.

Der Anhänger erfüllt keine härteren Off-Road-Anforderungen. Schotterwege, wie sie in ländlichen Gebieten auch für Radfahrer vorkommen, sollten allerdings abgedeckt sein.

Bild 2: Geometrische Anforderungen des Anhängers im Betrieb an einem 29er-Hinterrad

Eingebaute Rollen und ein Handgriff ermöglichen den Transport als Fußgänger. Zusätzliches Gepäck muss in einer anderen Gepäcktasche transportiert werden. Am Zielort kann das Gepäck in dem Anhängerkoffer verstaut werden, der auf eigenen Rädern rollt und mit der Deichsel von dem eigenen Fahrrad gezogen wird.

Die Räder werden an einer Querverstärkung aus Aluminium einseitig angesetzt, die Deichsel an einer ebensolchen Längsverstärkung von vorne. Beides ist Standard an heutigen Kinderanhängern. Bild 1 zeigt eine Explosionszeichnung des vorgeschlagenen Anhängers. Aus Bild 2 geht hervor, dass die Räder leicht versetzt und schräg verpackt werden müssen, damit die Naben Platz haben. Im Deckel sind entsprechende Aussparungen für die Laufräder vorgesehen. Der Rahmen liegt dabei zuunterst und ist in der Visualisierung nicht sichtbar.

Bild 3: Packungsbeispiel mit schräg liegenden Laufraddummys

Offen sind eine FEM-Analyse zur Bestätigung der Dauerfestigkeit sowie eine Fahrdynamik-Analyse, um die Fahrstabilität sicherzustellen. Im aktuellen Entwurf ist die Festigkeit der Deichselanbindung fraglich. Dem könnte mit höherer Materialdichte im Bereich der Krafteinleitung oder mit einem längeren metallischen Profil entgegengewirkt werden. Ein zweiter bekannter Schwachpunkt ist die Ausformung der Seitenwände, die zur besseren Demontage der Werkzeuge leicht nach außen gewinkelt sein sollten.

Die vollständige Masterarbeit in englischer Sprache ist verfügbar unter DiVA.

Das 3-D-CAD-Modell ist in Fusion360 verfügbar.

Als Zielgruppe werden Radfahrer*innen gesehen, die großen Wert darauf legen, das eigene Fahrrad fahren zu können, auch jenseits weiter Flugstrecken oder einer längeren Anreise mit der Bahn. Einige Hartschalenkoffer, die heute zum Fahrradtransport am Markt erhältlich sind, erfüllen bereits viele der genannten Anforderungen. Eine Erweiterung bewährter Produkte zu einem Anhänger wäre wünschenswert.

Zum Autor

Malte Rothhämel ist Assistant Professor für Fahrzeugsystemtechnik an der Königlich Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm, Schweden, und versucht dort, das Fahrrad als »Fahrzeug« zu etablieren.