Ausgabe 40 · März 2025
Mit dem NePoMuk Lastenrad unterwegs im Alltag
Never ending Power durch Muskelkraft
von Michael Ecker
Am 9. Juni 2021 war es so weit – das nach meinen Wünschen gebaute Lastenrad war fertig geschweißt, lackiert und montiert und wartete auf die erste Ausfahrt.
Drei Jahre zuvor hatte ich mein erstes Lastenrad gebaut, im Stil eines Long John, mit Seilzuglenkung und Stahlkorb. Damit habe ich gut 2.000 km zurückgelegt. Danach folgten weitere Konstruktionen, bis schließlich 2021 aus den gesammelten Erfahrungen und neuen Bedürfnissen das NePoMuk Lastenrad in der jetzigen Form entstand, über das ich hier berichten möchte.

Das Konzept
Es sollte ein unempfindliches Rad mit solider Ausstattung, aber ohne Hightech werden. Die Ladefläche sollte Platz für z. B. zwei Getränkekisten bieten und einfach austauschbar sein. Wichtig war nicht zuletzt, dass das Rad mit möglichst wenig Sonderanfertigungsteilen auskommt und Ersatzteile dafür einfach und günstig verfügbar sind. Entsprechend dem Motto unseres Fahrradladens NePoMuk (Never ending Power durch Muskelkraft) Bikes war auch kein elektrischer Antrieb geplant. Ausgangsrahmen war ein stabiler geschweißter Trekking-Stahlrahmen mit 58 cm Rahmenhöhe.
Rahmen | Stahlrahmen geschweißt, RH 58 cm |
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Gewicht Rahmen | 9,5 kg |
Gesamtgewicht inklusive Ladefläche | 28 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 150 kg |
Radstand | 2.000 mm |
Gesamtlänge | 2.700 mm |
Lenkung | Aluminium-Schubstange ø 20 mm über Gelenkköpfe M10, Augenschrauben und Vorbauten auf die Gabelschäfte wirkend |
Schaltung | Kettenschaltung Shimano Deore 3 × 9-Gang |
Bremsen | V-Bremse Shimano Deore |
Reifen | Schwalbe Marathon 32-622 |
Ladefläche |
Aluminium-Tränenblech 50 × 60 cm Mit Rohrschellen auf Rahmen aufgesteckt |
Der Vorderbau wird durch Anschweißen von Stahlrohren hergestellt:
- Ein gebogenes Rohr verbindet das Unterrohr mit dem vorderen Steuerrohr.
- Ein gerades Rohr verbindet die beiden Steuerrohre.
- Vier Rohrstücke dienen zur Aufnahme der Ladefläche.
Die Ladefläche wird mit Rohrschellen auf den Rahmen aufgesteckt.

Für die Lenkung wurden weitgehend Standardteile verwendet, sodass auch unterwegs eine Reparatur möglich ist.

Dieses Konzept des Lastenradrahmens lässt sich auf Stahlrahmen verschiedener Art anwenden.


Erste Erfahrungen
Die erste Tour ging in eine knapp 20 km entfernte Nachbarstadt. Da es nicht meine erste Fahrt mit einem Lastenrad war, brauchte es keine Eingewöhnung, sondern machte sofort Spaß und Lust auf weitere Ausfahrten. In den nächsten Tagen besuchte ich Orte im Umkreis von 25 km, daneben weitete ich meine Fahrten auf Strecken aus, die ich üblicherweise mit dem Rennrad oder Trekkingrad fuhr. Während sich die üblichen Einkaufsstrecken innerhalb des Donautals befinden, gelangte ich so auch auf die Alb und die umliegenden Hügel. Die hügeligen Strecken erforderten natürlich mehr körperlichen Einsatz und es fühlte sich anfangs auch echt anstrengend an. Aber man kann sich daran gewöhnen und den Hügel etwas langsamer hochfahren. Aufgrund des langen Radstands bleibt das Gefährt selbst im Schritttempo stabil.
Auch bergab ist der große Radstand von Vorteil: Länge läuft. Bei längeren Abfahrten lösten Geschwindigkeiten von 60–70 km/h kein Unbehagen aus. Es fühlte sich sicherer an als auf dem Rennrad oder Mountainbike. In der Ebene fuhr das Lastenrad leichter als der Anblick vermuten lässt und ist durchaus mit einem Trekkingrad vergleichbar. Ein elektrischer Antrieb fehlte mir nirgends. Der lange Vorderbau erweckt den Anschein, als würde man eine Stretchlimousine bewegen, und gegenüber einem herkömmlichen Fahrrad hat man das Gefühl, mehr passive Sicherheit zu haben. So wurde das Lastenrad schnell mein Alltagsrad.
Bereits in den verbleibenden knapp sieben Monaten im Jahr 2021 legte ich damit über 5.000 km zurück. Mittlerweile sind seit der Inbetriebnahme rund 3,5 Jahre vergangen und wir sind zusammen ca. 23.000 km gefahren, und zwar in allen Jahreszeiten und bei jedem Wetter. Auch im Winter lässt sich das Lastenrad gut bewegen, der lange Radstand bringt bei Schnee Vorteile. Vorsicht ist dabei allerdings mit der Vorderradbremse geboten. Bei wenig Beladung und damit wenig Belastung auf dem Vorderrad neigt sie schnell dazu zu blockieren. Wenn das nicht gerade in der Kurve geschieht, ist es aber gut beherrschbar.
Meine Einstellung zum Lastenfahrrad als Alltagsfahrzeug ist bis jetzt unverändert, obwohl ich mir mittlerweile natürlich auch die ein oder andere Verbesserung vorstellen kann.
Für übliche Fahrten wie z. B. zum Einkaufen, ins Kino etc. ist es ein Rundum-sorglos-Fahrzeug. Dank Rahmenschloss und Nabendynamo muss ich weder an Beleuchtung noch an ein Schloss denken. Besonders schätze ich die Ladefläche. Ich muss nicht lange überlegen, zusätzliches Gepäck mitzunehmen. Jederzeit kann ich meine Trommel aufladen und natürlich den Einkauf nach Hause transportieren. 20–30 kg Zuladung lassen sich gut bewegen, wobei es bei 30 kg zugegebenermaßen schon anstrengend wird. Die zusätzliche Länge, das höhere Gewicht und der größere Luftwiderstand sind der Preis dafür.
Einschränkungen im Alltagsbetrieb
Die größere Länge bereitet bei uns im ländlichen Raum weniger Probleme als in der Großstadt, wo das Gefährt aufgrund fehlender Radwege eventuell durch dichten Verkehr manövriert werden muss. Unangenehm sind Umlaufsperren, die Autos abhalten und nur Fußgänger und Fahrräder durchlassen sollen. Hier muss ich manchmal absteigen und schieben, aber das lässt sich meistern. Eine Einschränkung aufgrund der Länge betrifft allerdings Bahnfahrten. Sie sind mit Lastenrad leider nicht oder nur bedingt möglich, und wenn, dann eher mit einem flauen Gefühl (siehe Fahrradzukunft 34).
Beim Beschleunigen und bergauf macht sich das höhere Gewicht natürlich bemerkbar. Dennoch sind Touren in bergigem Gelände durchaus möglich und machen Freude, sie erfordern nur eine angepasste Übersetzung und etwas mehr Geduld.
Der Luftwiderstand schließlich ist gar nicht so viel höher und hängt im Wesentlichen von der Beladung ab. Zum Einkaufen nutze ich zwei unterschiedlich hohe (24 cm und 33 cm) Kisten aus PE. Den Höhenunterschied merke ich beim Fahren deutlich. Die niedrigere Kiste bleibt unter dem vorne hochgebogenen Tränenblech, während die höhere etwas darüber hinausragt. Gerade im Bereich Aerodynamik gibt es bei Lastenrädern noch sehr viel Entwicklungspotenzial. Dieses Thema wurde scheinbar nie ernsthaft angegangen. Bei NePoMuk Bikes gibt es mittlerweile Überlegungen, durch zweckmäßige Gestaltung des Laderaums eine deutliche Verbesserung des Luftwiderstands zu erreichen.
Das Rad als Transporter – Möglichkeiten und Grenzen
Die Ladefläche ist bewusst einfach und flexibel gestaltet. Bei einem zweirädrigen Fahrzeug treten keine hohen Fliehkräfte auf, sodass das Gepäck nicht außerordentlich fest verzurrt werden muss.
Für den normalen Einkauf nutze ich die Kisten aus PE. Getränkekisten stelle ich einfach auf die Ladefläche, zwei Kisten passen hintereinander. Zwischen Aluladefläche und Ladung liegt üblicherweise eine Antirutschmatte aus Gummi. Als seitliche Begrenzung dient ein handelsüblicher Gummiexpander, der auch zur Ladungssicherung bei höheren Aufbauten verwendet wird.
Da die Ladefläche seitlich keine Begrenzung hat, lassen sich auch breitere Pakete problemlos transportieren.

Das vordere Oberrohr begrenzt die Ladungshöhe auf ca. 57 cm. Dafür bietet es sich zur Befestigung höherer Ladungen an.


Die einfache Befestigung mit Rohrschellen erlaubt den unkomplizierten Austausch der Aluminiumladefläche z. B. gegen eine Hundebox.

Das Lastenrad für Freizeit, Sport und Urlaub
Da ich nicht gern motorisiert unterwegs bin, ist für mich das Lastenrad auch auf längeren Touren und für kurze Urlaube der ideale Begleiter. So war ich mehrfach damit auf dem Höchsten (sowohl eine Ortschaft als auch die höchste Erhebung in Oberschwaben), um die schöne Aussicht über den Bodensee und auf die Berge zu genießen. Der Weg dorthin und zurück führt über rund 100 km und 850 Höhenmeter. Natürlich ist die Fahrt mit dem Lastenrad etwas kräftezehrender als mit dem Rennrad, aber durchaus vergleichbar mit einem beladenen Trekkingrad.
Ein Treffen mit Studienfreunden führte mich ins 130 km entfernte Augsburg. Die Ladefläche bot genügend Platz für Kleidung, Übernachtungsutensilien und Geschenke.
Für einen kurzen Campingurlaub zu zweit am österreichischen Lech reichte ein Lastenrad, um Zelt, Schlafsäcke, Isomatten, Kleidung und Verpflegung zu transportieren. Meine Begleitung konnte so mit dem Mountainbike und ohne Gepäck unterwegs sein.

Auch als Sportgerät taugt das Lastenrad ganz ordentlich. Abends, wenn wir unseren Fahrradladen geschlossen haben, fahre ich regelmäßig noch eine flotte Runde. Es macht mir nicht weniger Spaß als mit Rennrad oder Mountainbike.
Neben den physikalischen Parametern wie Masse und Luftwiderstand spielt bei einem Fahrrad erfahrungsgemäß der psychologische Faktor, der sich vor allem aus Ergonomie und Rahmengeometrie ergibt, eine wesentliche Rolle. Anders ausgedrückt, ein Tiefeinsteiger-Fahrrad reizt wenig dazu, Höchstleistungen zu vollbringen, ein gut eingestelltes Rennrad mit einem tollen Rahmen aber durchaus. Dies lässt sich natürlich auch auf das Lastenrad übertragen.
Schwächen des NePoMuk Lastenrads
Nach den vielen beschriebenen positiven Erfahrungen mit meinem Lastenrad möchte ich aber nicht die Grenzen des NePoMuk Konzepts verschweigen:
- Der Stahlrahmen ist robust und federt, wiegt dafür aber natürlich auch mehr.
- Die Länge, verbunden mit dem 28''-Vorderrad, sorgt für ordentlichen Geradeauslauf. Bei Beladung über 20 kg wird die Lenkung allerdings etwas unruhig.
- Die V-Bremsen erlauben einen einfachen Wechsel der Bremsschuhe. Die Bremsschuhe verzögern auch bei Beladung noch ordentlich und sind überall erhältlich. Sie lassen sich aber nicht so fein dosieren und nach 17.000 km musste ich die hintere Felge tauschen.
- Die Lenkung ist sehr robust aus Standardteilen gefertigt und hält auch Stürze gut aus, dafür ist sie etwas schwerer und freihändig fahren ist schwieriger, da das Rad nach rechts zieht.
- Die Zuladung inklusive Fahrer ist auf 120 kg begrenzt.
Verschleiß und Betriebskosten
Mittlerweile stehen mehr als 23.000 km auf dem Tacho und das Rad wurde bereits im vierten Winter durchgehend gefahren.
Wegen des höheren Gewichts ist der Verschleiß etwas höher als bei einem vergleichbaren Trekkingrad. Die Kette hält durchschnittlich 4.000 km, die Kassette 8.000 km. Nach 17.000 km war die Felge am Hinterrad weitgehend durchgebremst. Die stärkere Belastung des Hinterrads durch den langen Vorderbau wirkt sich natürlich auch auf die Verteilung der Bremskraft aus. Die Gelenkköpfe der Lenkung wurden bei 12.000 km getauscht. Sie hatten zwar kein merkliches Spiel, was beim Fahren gestört hätte, aber sie waren so leichtgängig, dass sie beim Fahren über Unebenheiten nervig klapperten. Daraus ergeben sich Kosten für Verschleißteile von 2,25 ct/km.
Ähnliche Konzepte, die auch Spaß machen
Die Würdigung des Lastenrads als Alltagsfahrzeug gilt natürlich nicht nur für das NePoMuk Lastenrad. Es gibt eine ganze Reihe ähnlicher Konzepte, zweirädrig und ohne elektrischen Antrieb, die, vorausgesetzt sie passen zur Fahrerin oder zum Fahrer, sehr viel Fahrspaß vermitteln. Einige davon bin ich Probe gefahren, andere kenne ich nur vom Anschauen und von den technischen Daten her. Hier eine Übersicht:
- Omnium, Bicicapace Pelican, ten07 unicorn
- Douze V2, CargoFactory ONE T, Lumentum, Monkeys, Velo Lab
- Babboe Mini, Hagen, Bullit Larry vs Harry, GinkGo
Die oberen drei, Omnium, Bicicapace und ten07, haben einen etwas anderen Rahmen, das 20''-Vorderrad befindet sich unter der Ladefläche, wodurch das Fahrrad kürzer und auch wendiger ist. Bei allen drei Rädern ist der Rahmen aus Stahl. Gefahren habe ich davon das Bicicapace Pelican. Es fährt sich angenehm und läuft leicht. Leider gibt es keine Kettenschaltung und die Sitzposition ist nicht allzu sportlich.

Douze V2, CargoFactory ONE T, Lumentum, Monkeys und Velo Lab zeichnen sich durch Seilzuglenkung aus, was einen kleineren Wendekreis ermöglicht. Nur das Dooze besitzt einen Stahlrahmen, die anderen sind aus Aluminium gefertigt. Fahren durfte ich davon das Dooze V2 und das CargoFactory ONE T. Beide laufen sehr leicht und lassen sich auch sportlich bewegen. Die Seilzuglenkung ist allerdings Ansichtssache. Sie ist schwergängiger als eine Schubstangenlenkung und freihändig fahren ist damit praktisch nicht möglich. Ob man damit sportlich unterwegs sein kann, muss jeder für sich selbst entscheiden, meinem Gefühl nach fährt es sich immer etwas schwammig.

Babboe Mini, Hagen, Bullit Larry vs Harry und GinkGo schließlich sind im Stile eines Long John mit Schubstangenlenkung. Die ersten beiden haben Stahlrahmen, die anderen sind aus Aluminium. Außer dem GinkGo haben alle 20''-Vorderräder und die Schubstange für die Lenkung befindet sich unter der Ladefläche. Probe fahren konnte ich das GinkGo. Es besitzt im Gegensatz zu den anderen ein 28''-Vorderrad und die Schubstange befindet sich oberhalb der Ladefläche. Das GinkGo ist sehr leicht und agil, es lädt dazu ein, sportlich und schnell bewegt zu werden. Dafür hat es eine eher kleine Ladefläche.

Die Aufzählung ist gewiss nicht vollständig, sie soll eher dazu anregen, sich verschiedene Entwürfe anzusehen und dann zu entscheiden, welches Rad man ausprobieren möchte. Möglichkeiten dazu gibt es z. B. auf der Spezialradmesse in Lauchringen oder auf dem International Cargo Bike Festival in Utrecht.
Fazit: viel Freiheit und Fahrspaß
Das Lastenfahrrad ist ein wunderbares Fahrzeug. Richtig abgestimmt auf die Fahrerin oder den Fahrer, wie es bei einem herkömmlichen Rennrad, Mountainbike oder Trekkingrad üblich ist, ist es nicht nur für Besorgungen, sondern für viele Möglichkeiten darüber hinaus einsetzbar. Wenn man sich nicht gerade täglich bei dichtem Verkehr zwischen Autos durchschlängeln muss und deshalb ein kompaktes Fahrzeug braucht, taugt es sehr wohl für den alltäglichen Betrieb und darüber hinaus für Sport, Spaß und Urlaub. Die größere Länge gibt zusätzlich passive Sicherheit. Entgegen der gängigen Meinung benötigt es nicht zwingend eine elektrische Unterstützung. Mir persönlich hat noch nie zuvor ein Fahrrad ein so hohes Maß an Freiheit gegeben. Leider wird das Lastenrad gern in eine spaßfreie, biedere bis spießige Ökoecke gesteckt. Das hat es wirklich nicht verdient.