Fahrradzukunft

Ausgabe 40 · März 2025

Individuelle Routenplanung mit Bikerouter

von Margrit Höhme

Einführung

Elektronische Routenplanung ist mittlerweile Standard. Nicht nur Autofahrer verwenden Navis, sondern auch immer mehr Radfahrer. Kfz-Routen lassen sich leicht und effizient berechnen. Doch diese Algorithmen passen meist nicht für die komplexeren und individuellen Anforderungen an Radrouting: MTB-Fahrer, Fahrradkuriere oder Rennradler haben beispielsweise sehr unterschiedliche Bedürfnisse.

Für Kfz-Navis gibt es einen recht großen Markt, während Fahrrad-Navis eher Nischenprodukte sind. Am bekanntesten dürfte Google Maps sein, das auch Fahrradrouten erstellt und auf den meisten Smartphones vorinstalliert ist. Im Freizeitbereich ist die kommerzielle Anwendung Komoot sehr beliebt, vermutlich weil die Routenbewertungen der Nutzer in die Streckenvorschläge einfließen. Egal ob Google Maps, Komoot, Garmin BaseCamp oder Wahoo: Der Nutzer erfährt nicht, wie die Strecken berechnet werden, und es gibt, wenn überhaupt, nur sehr rudimentäre Möglichkeiten, eigene Anforderungen einfließen zu lassen.

Das Routenplanungsprogramm BRouter geht einen anderen Weg und bietet dem Nutzer umfassende Möglichkeiten, Einfluss auf die Berechnung von Routen zu nehmen. Ein wesentliches Feature von BRouter ist die Berücksichtigung von Höhendaten, was es so interessant für Radfahrer macht. Die Berechnung wird über sogenannte Profile gesteuert, die man an die eigenen Anforderungen anpassen kann.

BRouter werkelt in der Regel als Dienst im Hintergrund und wird von Kartenanwendungen für die Berechnung einer Route aufgerufen. Für eine sinnvolle Nutzung braucht man deshalb ein weiteres Programm mit einer grafischen Benutzeroberfläche wie z. B. die Webseite BRouter-Web. Moderner und mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet ist dessen Weiterentwicklung Bikerouter. Auf dem Smartphone können die Apps OsmAnd, Locus Map und OruxMaps mit der BRouter-App arbeiten.

In den Grundfunktionen ähneln BRouter-Web bzw. Bikerouter dem Routenplaner von Google Maps: Per Mausklick werden auf der Karte Start- und Endpunkt einer Strecke gesetzt. Mit der Maus können beliebige Wegpunkte eingefügt oder versetzt werden. Wenn die Route erstellt ist, beendet ein Klick auf den kleinen blauen Stift in der linken Seitenleiste oder [ESC] das Setzen neuer Wegpunkte. Standardmäßig wird die Strecke für Trekkingräder berechnet. Wenn in der Profilauswahl ein anderes Routingprofil, z. B. »Rennrad«, ausgewählt wird, wird die Strecke neu berechnet.

Die fertige Route kann man sich nicht nur am Rechner anschauen, sondern in verschiedenen Formaten herunterladen und z. B. als GPX-Datei auf das Smartphone oder GPS-Gerät kopieren. Weil die Internetadresse (URL) alle Angaben zur Berechnung der Strecke enthält, kann die Strecke auch als Internetadresse gespeichert oder geteilt werden.

Bild 1: Grundfunktion von bikerouter.de. In diesem Artikel geht es darum, wie BRouter über Profile gesteuert wird und das Ergebnis mit »Datentabelle« und »Analyse« analysiert werden kann.

Bikerouter bietet eine Reihe von Features und Analysetools, deren Erläuterung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Hier soll es darum gehen, wie die Routenplanung mit BRouter funktioniert, wie man es mit Profilen steuern und das Ergebnis analysieren kann.

Das BRouter-Universum

BRouter ist ein Open-Source-Projekt. Bei Open-Source-Projekten ist der Quelltext im Internet verfügbar: Jeder kann ihn ansehen, prüfen, herunterladen und verändern. Nicht nur Programme wie BRouter, auch Daten können einer Open-Source-Lizenz unterliegen, wie z. B. für die Daten von OpenStreetMap.

Da bei Open-Source-Projekten teilweise mehrere Entwickler und Entwicklergruppen unabhängig voneinander aktiv sind, sind die Bezeichnungen rund um BRouter »historisch gewachsen«. Deshalb trifft man auf verschiedene, ähnlich benannte Programme. Die wichtigsten Bezeichnungen für Programme und Daten sind:

  • BRouter: Programm von Dr. Arndt Brenschede zur Berechnung optimaler Routen. Technisch handelt es sich um einen HTTP-Server, der unsichtbar im Hintergrund läuft. Dieser Server kann von anderen Anwendungen wie Bikerouter oder Android-Apps für die Routenplanung aufgerufen werden.
  • BRouter-Web: Webanwendung von Norbert Renner, um Routen mit BRouter berechnen zu lassen. Die Webseite kann im Internet über die Internetadresse BRouter-Web aufgerufen werden.
  • Bikerouter: Weiterentwicklung von BRouter-Web, das von Marcus Jaschen, einem engagierten Radfahrer und IT-Experten, kontinuierlich weiterentwickelt und auf Spendenbasis betrieben wird. Die Webseite kann im Internet kostenlos unter Bikerouter genutzt werden. Bikerouter sieht gegenüber BRouter-Web nicht nur moderner aus, sondern hat beispielsweise eine größere Auswahl von Routingprofilen, zusätzlichen Overlays und neuerdings eine Wegpunktliste.
  • BRouter-App: Eine Android-App, die BRouter ohne Internetverbindung auf dem Smartphone als Dienst bereitstellt. Anders als die meisten Android-Apps ist die BRouter-App allein jedoch nicht sinnvoll nutzbar, sondern benötigt eine zusätzliche App wie Osmand, Locus Map oder OruxMaps.
  • OpenStreetMap (OSM): Open-Source-Datenbank mit weltweiten Geodaten. Um OSM hat sich ein ganzes Universum mit zahlreichen Diensten, Programmen, Webseiten und Communitys entwickelt. Im Gegensatz zu kommerziellen Diensten wie Google können die Daten unter einer Open-Source-Lizenz kostenlos genutzt werden. BRouter verwendet die OSM-Daten für die Routenplanung, BRouter-Web und Bikerouter verwenden OSM-Karten.
  • SRTM-Daten: Höhendaten, die im Februar 2000 bei der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) aus dem Weltraum aufgezeichnet wurden und frei verfügbar sind. BRouter verwendet diese Daten, um Steigungen beim Routing zu berücksichtigen.
  • Routing Data Builder: Programm zur Aufbereitung von OSM- und SRTM-Höhendaten für BRouter. Mit diesem Programm werden die .rd5-Dateien erstellt, mit denen BRouter arbeitet.
Bild 2: Die typischen Komponenten einer BRouter-basierten Webanwendung
Bild 3: Auf dem Smartphone läuft die BRouter-App im Hintergrund. Damit die Routenplanung funktioniert, müssen zunächst Segmentdateien (.rd5-Dateien) für die gewünschte Region mit dem Download-Manager der BRouter-App aus dem Internet heruntergeladen werden.

Die Software rund um BRouter, Bikerouter und OpenStreetMap wird kontinuierlich weiterentwickelt. Für den Aufbau eigener Instanzen von BRouter und BRouter-Web sind die GitHub-Repositories und Docker-Images ein guter Startpunkt.

Routenplanung

Die Berechnung optimaler Strecken ist eine uralte mathematische Grundaufgabe, deren Lösungsansätze (Graphentheorie) bis in die Antike zurückreichen. Generationen von Mathematikern und Informatikern haben Algorithmen für die Berechnung von Routen entwickelt. Ein kleiner Überblick: Routingalgorithmen mit Vor- und Nachteilen. Das Vorgehen ist dabei fast immer gleich: Das gegebene Wegenetz wird in die Segmente zwischen den Kreuzungen und Abzweigungen zerlegt und ein Algorithmus bestimmt dann den optimalen Pfad in diesem Netz zwischen zwei gegebenen Kreuzungspunkten A und B.

Was heißt dabei nun »optimal«? Mathematisch wird dies über eine Kostenfunktion ausgedrückt. Jedem Wegabschnitt werden dabei bestimmte »Kosten« zugeordnet und der Algorithmus bestimmt dann den Pfad mit den geringsten »Kosten« von A nach B. Im Rahmen der Autonavigation sind diese »Kosten« in der Regel die Wegstrecke (»kürzester Weg«), die voraussichtliche Fahrzeit (»schnellste Route«) oder auch mal die geringsten prognostizierten Benzinkosten.

Was BRouter so interessant macht

Über sogenannte Routingprofile ermöglicht man es dem Nutzer, die Definition der Kostenfunktion komplett frei mitzubestimmen. Darüber lassen sich z. B. Steigungen mit überproportional hohen oder niedrigen Kosten bewerten (liefert steigungsarme bzw. höhenmeterreiche Ergebnisse), bestimmte Streckenabschnitte (z. B. wegen Verkehrsbelastung oder Oberflächengüte) mit hohen Kosten bestrafen, offizielle Radrouten mit niedrigen Kosten bevorzugen oder z. B. durch Strafkosten für Ampeln möglichst unterbrechungsfreie, ampelarme Strecken bevorzugen.

BRouter kombiniert zwei Routingalgorithmen: den Routingalgorithmus des niederländischen Informatikers Edsger W. Dijkstra von 1956, welcher den kostengünstigsten Weg von A nach B findet, und den A*- oder A-star-Algorithmus von 1964, der zusätzlich zur Kostenfunktion bei der Suche heuristisch versucht, Pfade in Richtung des Zieles zu präferieren. Im Routingprofil kann man hinterlegen, wie stark diese beiden untereinander gewichtet werden, und so zwischen möglichst optimalen und eher schnellen Ergebnissen wählen. Allgemeine Erklärungen zum BRouter-Algorithmus und konkret zu »pass1coefficent, pass2coefficient« im jeweiligen Link.

Bild 4: Wählt man als Kostenfunktion den Abstand der Punkte, findet der Algorithmus den kürzesten Weg zwischen Start und Ziel.

Wie kann so ein Routenprofil nun exemplarisch ausgelegt sein? Die meisten Radfahrer meiden Steigungen. Anstiege können beim Routing vermieden werden, indem sie »teurer« bewertet werden als flache Strecken:

Bild 5: BRouter ermöglicht es, die Topografie zu berücksichtigen, hier exemplarisch als Kosten für die prognostizierte Fahrzeit unter Berücksichtigung der Höhenangaben. Dabei »gewinnt« der Umweg um den Berg herum.

Wer hingegen sportliche Anstiege und rasante Abfahrten möchte, könnte flache Strecken in einem Quäl-dich-Profil mit höheren Kosten abstrafen:

Bild 6: In einem fiktiven Quäl-dich-Routingprofil könnte man Anstiege bevorzugen, indem man ihnen niedrige Kosten verordnet. Das Ergebnis ist eine Strecke mit vielen Anstiegen und Abfahrten.

Neben Anstieg und Gefälle können weitere Faktoren in die Kostenberechnung einfließen, z. B.

  • Oberflächenbeschaffenheit
  • Kurven und Kreuzungen
  • potenzielles Verkehrsaufkommen
  • Geodaten wie Stufen oder Fähren

Die Auswahl der zu berücksichtigenden Faktoren ist durch die Attribute, die aus OSM in den .rd5-Segment-Dateien übernommen werden, begrenzt. Derzeit können knapp tausend Schlüssel-Wert-Paare ausgewertet werden. Technische Details finden sich im Routing Data Builder.

Profile

Profilauswahl

Bikerouter stellt aktuell mehr als 60 Routingprofile zur Auswahl, überwiegend Radprofile. Das Allroundprofil »Trekkingrad« ist voreingestellt:

Bild 7: Auswahl des Routingprofils. Die Sterne zeigen an, dass sich das Profil für den Einstieg eignet.

Was ist ein BRouter-Profil?

Technisch betrachtet besteht ein Routingprofil aus einer Textdatei mit der Dateiendung .brf. Die auswählbaren Profile liegen auf dem Webserver, entweder in BRouter oder in BRouter-Web bzw. bikerouter.de. Die Profildatei enthält Anweisungen, wie OSM-Attribute und Höhendaten in Parameter für die Kostenfunktion überführt werden sollen. Die Anweisungen sind in einer eigenen Skriptsprache geschrieben.

Profile konfigurieren

Die meisten Profile bieten sogenannte Optionen an, mit denen ausgewählte Parameter gesetzt werden können. Dafür wählt man mit dem Schraubenschlüssel-Icon am rechten Bildrand das Profilpanel aus:

Abbildung 8: Die meisten Profile enthalten sogenannte Optionen. Benutzer können ein Profil damit an eigene Bedürfnisse anpassen.

Welche Optionen dem Benutzer angezeigt werden, bestimmt der Profilentwickler. Auch der erläuternde Text wird vom Entwickler festgelegt. Je nach Profil werden deshalb unterschiedliche Optionen angezeigt. Häufige Optionen sind:

  • Treppen zulassen oder vermeiden (allow_steps)
  • Fähren zulassen oder vermeiden (allow_ferries)
  • Kopfsteinpflaster vermeiden (avoid_sett)

Optionen wie Uphill- und Downhill-Kosten, individuelle Höchstgeschwindigkeit, Systemgewicht oder CW-Wert können vom Benutzer in Zahlenwerten eingegeben werden.

Anpassung von Profilen

Die auswählbaren Profile decken ein breites Spektrum ab. Wenn man möchte, kann man ein Profil unter dem Reiter »Profil« ändern oder ein eigenes Profil in den Editor hineinkopieren (Anleitung).

Bild 9: Unter dem Reiter »Profil« wird der Quelltext des Profils angezeigt. Man kann den Quelltext verändern und anwenden. Das benutzerdefinierte Profil wird nicht gespeichert.

Übersicht über Bikerouter-Profile

Die Beschreibung der Profile versteckt sich im Quelltext. Die Anzeige einer standardisierten Beschreibung im Panel »Optionen« ist hilfreich, um zu sehen, nach welchen Kriterien das Profil die Strecken auswählt.

Manche Profile sind eher experimenteller Art: Das Profil »Dummy« ist beispielsweise ein Leerprofil. Das experimentelle Profil »Fluss« berechnet Routingstrecken auf Wasserwegen wie Flüssen und Kanälen. Andere Profile wie »MTB Zossebart« und »MTB Zossebart (hart)« unterscheiden sich nur marginal.

Hier ist ein Überblick über die auf der Webseite Bikerouter mit Sternen markierten Profile:

Profil Beschreibung (teilweise gekürzt)
Rennrad (sehr wenig Verkehr) Schnell und mit wenig Verkehr, für Rennrad, schnelles Pedelec oder Nachtfahrten bei Regen
Rennrad (sehr wenig Verkehr/Alternative) Rennradfahrer allein oder unter der Woche: Lkw-Verkehr und stark befahrene Straßen werden vermieden. Für Radfahrer in der Gruppe sind die Profile »fastbike.brf« oder »fastbike-lowprofile.brf« besser geeignet, da Gruppen eher von Auto- und Lkw-Fahrern respektiert werden. Wenn möglich, folgt die Strecke:
  • asphaltierten Straßen (mit glatter Oberfläche)
  • Radwegen
  • Verbindungsstraßen ohne Radweg, wobei zur Verringerung von Risiken Abschnitte mit mehr als 50 km/h oder mit hohem Verkehrsaufkommen vermieden werden.
Das Profil wertet OSM-Attribute wie »highway«, »surface«, »smoothness«, »maxspeed«, »traffic_class« usw. aus. Hinweis: Das Tag »traffic_class« scheint explizit für BRouter eingeführt worden zu sein, hat sich aber unter den OSM-Mappern wohl nicht durchgesetzt.
Rennrad (weniger Verkehr) Default-Konfiguration für Europa: Bundesstraßen werden weitestgehend vermieden, auch dann, wenn Radfahrer dort fahren dürfen (Annahme eines impliziten »bicycle=no«). Ebenso Schnellstraßen, selbst wenn sie mit »bicycle=yes« getaggt sind. In Regionen wie Japan oder Australien, wo ein anderes Verhalten erwartet werden kann, sollte die Option »allow_motorways« auf »true« gesetzt werden.
Rennrad Gleiche Beschreibung wie »Rennrad (weniger Verkehr)«
Gravel »m11n« (mehr offroad, beta) Gleiche Beschreibung wie »Gravel m11n (mehr offroad)«
Gravel »m11n« (mehr offroad) Langstrecken-Gravel-Profil mit möglichst viel »gravel« und »fine-gravel«
Oberflächen auf Feldwegen (»tracktype=grade2«). Schmale Wege werden vermieden, da diese oft nicht fahrbar sind und geprüft werden müssen. Wenn kein Offroad-Track passt, wird auf verkehrsarme, gepflasterte Straßen zurückgegriffen. Die Streckenberechnung wird hauptsächlich gesteuert durch:
  • Oberfläche (surfacepenalty)
  • Wegtyp (trackpenalty)
  • Wegqualität (smoothnesspenalty)
  • Kostenfaktor für Straßentypen
Gravel »quaelnix« (wenig Verkehr) Für Gravel Biker, die Verkehr vermeiden, aber dennoch zügig ihr Ziel erreichen – und gleichzeitig die Vorteile von Gravel Bikes ausnutzen wollen.
Gravel »CXB« (mehr offroad) Siehe Profil »Gravel m11n (mehr offroad)«
Gravel (schnell) Trekking auf Feldwegen, wobei ungeteerte Wege und Pfade bevorzugt werden
MTB »Zossebart« MTB-Profil des Users »Zossebart«
MTB »Zossebart« (hart) Siehe Profil MTB »Zossebart«. Der Unterschied zum Profil »MTB Zossebart« betrifft lediglich den voreingestellten Wert mtb_hard_factor
MTB standard MTB-Profil auf der Basis von MTBiker-Feedback
MTB leicht Leichtes MTB-Profil für erschöpfte Biker auf der Basis von MTBiker-Feedback. Bevorzugt gegenüber »Trekking-MTB-strong«
Trekking Langsame Geschwindigkeit, Vermeidung von Autoverkehr, aber darauf ausgerichtet, das Ziel zu erreichen

Sobald man auf »Anwenden« klickt, werden die Änderungen aktiv. Allerdings gibt es keine Möglichkeit, benutzerdefinierte Profile zu speichern oder zu laden. Änderungen sind immer nur temporär. Möchte man die Änderungen speichern, kann man den gesamten Quelltext kopieren und als Textdatei speichern.

Wenn man das eigene Profil auf dem Smartphone in der BRouter-App verwenden möchte, kann man dies als Textdatei mit der Endung »brf« in das Profilverzeichnis kopieren. Beim Start der BRouter-App erscheint es unter dem angegebenen Dateinamen und kann wie jedes andere Profil ausgewählt werden. Das Profilverzeichnis ist /storage/emulated/0/Android/media/btools.routingapp/brouter/profiles2

Analysetools

Neben den Profilen bietet Bikerouter bzw. BRouter-Web Analysewerkzeuge, die das Routing transparent machen.

Datentabelle

Die Kosten einer Route und ihr durchschnittlicher Kostenfaktor werden am unteren Bildrand eingeblendet. In einer detaillierten Datentabelle werden die Kosten für jeden Streckenabschnitt aufgelistet:

Abk. Bedeutung
elev. Höhe des Endpunkts des Streckenabschnitts
dist. Länge des Streckenabschnitts
$/km Kosten pro km des Wegabschnitts
turn$ Kosten für enge Kurven: Je verwinkelter die Teilstrecke ist, desto höher sind die Kosten
node$ Kosten für bestimmte Tags, z. B. Fähre
initial$ Initiale Kosten
WayTags Bei der Auswertung der Wege berücksichtigte Tags, z. B. Oberfläche
NodeTags Bei der Auswertung von Punkten berücksichtigte Tags, z. B. Vorfahrtregelungen (»highway=give_way«) oder Ampeln
Time Akkumulierte Dauer (in Sekunden). Diese Spalte kann zum Zurücksetzen der Sortierung genutzt werden
Energy Akkumulierter Energiebedarf (in Wattsekunden)

Fährt man mit dem Mauszeiger über die Tabellenzeilen, wird der entsprechende Streckenabschnitt auf der Karte hervorgehoben. So kann man sehen, dass im Profil »Rennrad, Original« Fährverbindungen vermieden werden, weil sie besonders »teuer« sind:

Bild 10: Im Profil »Rennrad, Original« werden Fährverbindungen mit mehr als den fünffachen Kosten normaler Streckenabschnitte bewertet. Im Profil »Rennrad (sehr wenig Verkehr)« sind die Kosten mit 10000 für Fährverbindungen so hoch, dass sie als nicht befahrbar aussortiert werden.

Die Kosten für einen Streckenabschnitt setzen sich aus der Länge und den Kostenfaktoren zusammen. Der ideale Kostenfaktor liegt bei 1.0. In der Datentabelle wird der Kostenfaktor *1000.0 angezeigt. Höhere Kostenfaktoren senken die Priorität eines Streckenabschnitts. Streckenabschnitte mit Kostenfaktoren von 10000.0 und aufwärts gelten als nicht mehr befahrbar.

Nützlich ist die Möglichkeit, sich die Kosten der einzelnen Streckenabschnitte farblich auf der Karte anzeigen zu lassen:

Bild 11: Mit dem Button für Farbcodierungen kann zwischen verschiedenen Farbcodierungen hin- und hergeschaltet werden. Das $-Zeichen zeigt die Kosten der Streckenabschnitte. Andere Farbcodierungen sind Steigungen, maximale Geschwindigkeit, Oberfläche.

Weil Abzweigungen und Kreuzungen zum Bremsen zwingen, können sie ebenfalls mit zusätzlichen Kosten belegt werden. Die Höhe der Kosten bemisst sich aus dem Faktor für Richtungswechsel (turncost) und dem Winkel der Abzweigung. Das Velomobil-Profil vermeidet beispielsweise Kurven, sofern es sich nicht um Kreisel handelt, mit einem hohen Turncost-Wert von 150. Das Profil »Gravel m11n (mehr offroad)« legt für Kurven einen Turncost-Wert von gerade mal 10 fest.

Die Datentabelle und die Farbcodierung sind nützliche Werkzeuge, um die »teuersten« Streckenabschnitte zu identifizieren.

Routenanalyse

Nützlich ist auch die Darstellung für die Analyse der gesamten Route. Dargestellt werden Weg, Material, Oberflächenbeschaffenheit und neuerdings auch die Höchstgeschwindigkeit.

Bild 12: Der größte Teil des Weges verläuft auf Feld- oder Waldwegen, auf der Karte rot dargestellt.

Die Auswertung funktioniert natürlich nur, wenn die Streckenabschnitte einheitlich getaggt sind. Die Oberflächenbeschaffenheit ist ein relativ junges Feature von OSM, das noch viele Lücken aufweist:

Bild 13: Beschaffenheit (Tag »surface«) und Höchstgeschwindigkeit sind noch Stiefkinder der Mapper.

Die Höchstgeschwindigkeit ist ein neues Feature von Bikerouter. An diesen Daten dürften vor allem Hersteller von OSM-basierten Navis Interesse haben.

Um die Brücke von deutschen zu den englischen Attribut-Bezeichnungen in OSM schlagen zu können, wäre eine Mouse-over-Funktion, über die angezeigt werden kann, welche Attribute ausgewertet wurden, praktisch.

BRouter auf dem Smartphone

Mit der »BRouter-App« kann BRouter auch unterwegs ohne Verbindung zum Mobilfunkdatennetz auf Android-Smartphones genutzt werden. Die BRouter-App stellt eine Serviceschnittstelle bereit, die von Karten-Apps wie Osmand, OruxMaps oder Locus Map abgefragt werden kann. Die Karten-App ist so zu konfigurieren, dass sie für die Routenberechnung anstelle der eigenen Routingsuche die BRouter-App als Navigationsdienst aufruft.

Installation und Einrichtung

Die Installation der App BRouter Offline Navigation erfolgt auf den üblichen Wegen. Sie steht im Google Play Store bereit oder bei F-Droid, einem Repository für Freie- und Open-Source-Software (FOSS).

  1. Die Einrichtung der BRouter-App ist in der Readme-Datei auf der BRouter-Webseite dokumentiert. Die Oberfläche von BRouter-App ist sehr spartanisch gestaltet und bietet zwei Funktionen an:
  2. Download-Manager zum Download der Routingaten (.rd5-Dateien) für die gewünschten Regionen
  3. BRouter-App zur Konfiguration

Damit das Zusammenspiel zwischen der Karten-App und der BRouter-App funktioniert, müssen die sogenannten Service Modes für die Karten-Apps mit Profilen verknüpft werden. Dafür gibt es die Funktion »BRouter-App«

  1. Profil auswählen und ggf. mit Optionen personalisieren
  2. In den Servermodus wechseln
  3. Routingmodus für das Profil auswählen
Bild 14: Die einzelnen Schritte zur Einrichtung der BRouter-App

Die abschließende Erfolgsmeldung fasst die aktuellen Konfigurationseinstellungen zusammen. Um weitere Zuordnungen einzugeben oder bestehende Zuordnungen zu ändern, wird BRouter-App erneut aufgerufen.

Gewöhnungsbedürftig ist, dass die Routingschnittstelle von BRouter-App im Hintergrund läuft. Die App kann über Einstellungen > Apps > BRouter gestoppt werden. Wenn man nun z. B. mit Osmand eine Route mit dem für BRouter konfigurierten Profil erstellt, findet das Routing über die BRouter-App statt. Ist BRouter-App nicht verfügbar, zeigt Osmand einen Fehler an.

Für die Konfiguration der Karten-Apps sei an dieser Stelle auf Anleitungen im Netz verwiesen:

Da sowohl die BRouter-App als auch die Karten-Apps kontinuierlich weiterentwickelt werden, sollte man bei den Anleitungen darauf achten, welche Programmversionen ihnen zugrunde liegen.

Routensuche braucht Daten

Eine brauchbare Routensuche braucht verlässliche Geodaten. Zahlreiche Kartendienste wie Bikerouter und Routing Engines wie BRouter verwenden kostenlos verfügbare OSM-Daten. OSM ist 2004 als Open-Source-Alternative zum kommerziellen Google Maps angetreten. Seitdem pflegen Freiwillige überall auf der Welt den OSM-Datenbestand. Die Motivation der Beitragenden ist sehr unterschiedlich: Kommerzielle Unternehmen wie z. B. Hersteller von Navis auf OSM-Basis unterstützen die lokalen OSM-Gruppen und organisieren beispielsweise sogenannte Mapping-Partys.

Committer werden

Gerade wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, fällt auf, wie sehr Realität und Karte voneinander abweichen. Jeder kann sich mit einer E-Mail einen Account bei OSM anlegen und als »Committer« dazu beitragen, die Datenbasis und damit das Routing zu verbessern.

OSM-Datenmodell

Das OSM-Datenmodell besteht aus wenigen Datentypen:

Datentyp Beschreibung
Punkt (node) Basiseinheit, bestehend aus einem einzelnen Punkt mit Koordinaten, z. B. Bushaltestellen, Parkbänke oder Geldautomaten
Strecke (way) Verbindung zwischen mindestens zwei Punkten mit einer Richtung, z. B. Straßen
Fläche (area) geschlossene Linie, bestehend aus mindestens drei Punkten, z. B. Gebäude
Relation (relation) gruppiert Elemente zu einer logischen Einheit, z. B. Radrouten wie Eurovelos
Attribut (tag) Schlüssel-Wert-Paar

Jedes Datum wird mit sogenannten Tags versehen. Diese Attribute geben an, ob ein Punkt eine Parkbank oder eine Bushaltestelle ist, eine Strecke ein Feldweg oder eine Autobahn, eine Fläche ein Haus oder eine Wiese ist. Attribute können durch zahlreiche weitere Attribute konkretisiert werden:

  • highway=tertiary
  • surface=asphalt
  • oneway=yes
  • ...

OSM bildet eine sich ständig verändernde Welt ab. Manchmal sind neue Tags notwendig, andere Tags laufen langsam aus. Die Diskussion wird in der Regel sehr offen im OSM-Wiki geführt.

Die OSM-Community bemüht sich sehr darum, die Mapper zu unterstützen. Im OSM-Wiki gibt es eine sehr gute Dokumentation und Mapping-Hilfen. How to map … ist ein guter Einstieg. Zu allen Tags gibt es detaillierte Infos mit Bildern, Erläuterungen und Links, z. B.

Zu Themen wie Radwege und Radverkehrsanlagen gibt es eigene Seiten, wo ausführlich mit Beispielen und Bildern beschrieben ist, wie diese gemappt werden sollen: Verkehrswende-Meetup/Radwege, Radverkehrsanlagen kartieren.

Einzelne Änderungen lassen sich gut mit dem Online-Editor auf der OSM-Webseite vornehmen. Dieser kann über den Button »Bearbeiten« aufgerufen werden, sobald man angemeldet ist. Für größere Änderungen empfiehlt es sich, einen der kostenlosen OSM-Editoren zu nutzen.

Fazit

In diesem Artikel konnte nur angerissen werden, welche Möglichkeiten es gibt. Insbesondere das Feld der Profilentwicklung bietet viel Spielraum. Allerdings ist die Lernkurve steil und erfordert neben Programmierkenntnissen und Kenntnissen der OSM-Tags vor allem eine Vorstellung davon, wie die Streckenführung aussehen soll. Ein gutes Profil wird auf jeden Fall nicht an einem verregneten Sonntagnachmittag erstellt.

Die Lernkurve spiegelt sich auch in den Profilen wider. Manche Profile sind per Copy & Paste zurechtgedengelt. Bislang gibt es keine übersichtliche Dokumentation der Profile mit Schwerpunkten und Besonderheiten. Außerdem wäre eine standardisierte Profilbeschreibung im Panel »Optionen« wünschenswert.

Die Bikerouter-Funktionen werden von Marcus Jaschen in seinem Blog dokumentiert, der auch über den Button »Tricks & Tipps« aufgerufen werden kann. Hier sind auch verschiedene Beiträge und Einführungsvideos verlinkt. Die Webseite wird kontinuierlich weiterentwickelt. Neue Features werden im MTB-Forum, dem offiziellen Support-Forum für Bikerouter.de, aber auch auf anderen Kanälen wie YouTube vorgestellt und diskutiert.

Zur Autorin

Margrit Höhme, Radfahrerin mit Leidenschaft, langjährige Softwareentwicklerin und OSM-Committerin: immer auf der Suche nach neuen (Rad-)Wegen.