Ausgabe 34 · Mai 2022
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Steckdose unterwegs – Teil 9
Leuchten und laden gleichzeitig?
Weltumradler Peter Smolka berichtet, dass er den Nabendynamo ausschließlich zum Laden seiner verschiedenen USB-Geräte braucht. Dynamolicht hält er dagegen für entbehrlich, weil er auf Radreisen selten bei Dunkelheit unterwegs ist. Andere Tourenradler hingegen wollen aus Sicherheitsgründen auch tagsüber oft mit Licht fahren, aber trotzdem ihr Smartphone oder GPS-Gerät mit Nabendynamostrom versorgen.
Die allermeisten Hersteller von USB-Ladeadaptern für Nabendynamos sehen diesen Parallelbetrieb nicht vor. Teilweise wird sogar Mühe darauf verwendet, das eingeschaltete Licht automatisch zu erkennen und die Ladefunktion dann komplett abzuschalten. Man kann die deutsche StVZO so deuten, dass die Funktion der Dynamolichtanlage nie wesentlich beeinträchtigt werden darf. Real lassen sich aber sinnvolle Lösungen denken, die sowohl ein für sicheres Radfahren insbesondere bei Nacht erforderliches Licht und parallel auch Ladeleistung bereitstellen, die zumindest ein sparsames GPS-Gerät versorgt.
Wir stellen deshalb diesmal zwei Geräte vor, die speziell für diesen Parallelbetrieb ausgelegt sind: den schon länger angebotenen Sinewave Cycles Beacon und den neuen Velotor Sport E2. Diesen wollen wir eine Reihe kompakter USB-Ladeadapter ohne Akkupuffer zur Seite stellen – und testen, wie diese sich für den Parallelbetrieb zur eingeschalteten Dynamolichtanlage verhalten.
Ladeadapter mit integriertem Pufferakku werden hier der Übersicht wegen nicht betrachtet. Die bekannten Geräte dieser Art erlauben ebenfalls keinen sinnvollen Parallelbetrieb von Lader und Scheinwerfer direkt am Nabendynamo. Denkbar ist natürlich der Betrieb von Leuchten am USB-Ausgang oder direkt angeklemmt an den Akkuzellen. Das funktioniert aber nicht mit gängigen Dynamoscheinwerfern.
Velotor Sport E2
Die kleine Firma EuGen (für »European Generators«) sitzt am Südrand von München. Ihr erstes Produkt fürs Fahrrad ist ein USB-Ladeadapter mit USB-C-Buchse am Ausgang und der expliziten Möglichkeit, parallel eine Dynamolichtanlage zu versorgen. Für Letzteres schließt man den Scheinwerfer nicht am Nabendynamo, sondern am Lichtkabel des Velotor an. Neben dem hier getesteten Modell »Base« gibt es die Ausführungen »Pure« (ohne Lichtausgang) und »Pro« (zugelassen bis 75 km/h statt bis 50 km/h). Das Gehäuse und die fest angebrachten Kabel machen einen robusten Eindruck. Die USB-Buchse am Kabel wird auch durch Vibrationen und Zug am Kabel kaum zu beschädigen sein. Dem Gerät liegt eine ausführliche Anleitung bei. Diese legt die dauerhafte Montage am Fahrrad nahe, empfiehlt aber keinen konkreten Ort dafür. Naheliegend wäre die Anbringung am Vorbau, da so die Wege zum Scheinwerfer und zu den USB-Verbrauchern am Lenker gering sind und die kleine Status-LED auf diese Weise erkennbar ist. Allerdings ist das Gerät nicht 100 % wasserdicht. Beim Hersteller kann man es für 178,50 € kaufen.
Sinewave Cycles Beacon
Das Urmodell »Revolution« des US-amerikanischen Herstellers Sinewave Cycles testeten wir schon 2016 – und das Testgerät tut immer noch seinen Dienst. Seit 2018 gibt es die Ladefunktion auch integriert in dem Scheinwerfer »Beacon«. Dieser strahlt mit drei LEDs ein symmetrisches Lichtfeld ab, ist somit nicht auf deutschen Straßen zugelassen und vom Hersteller auch eher für Offroad-Nutzung empfohlen. Die genannten 750 lm hören sich eindrucksvoll an, sind im zentralen Bereich aber erheblich dunkler als hochwertige Dynamoscheinwerfer. Wie der Velotor SE2 erlaubt auch der Beacon problemlos parallelen Betrieb von Licht und USB-Laden. Der Kippschalter lässt wählen zwischen »nur USB«, USB-Vorrang (»up«) und eher gleichmäßiger Leistungsverteilung auf Licht und USB (»down«). Alternativ zum Dynamo kann der Scheinwerfer auch per USB-Powerbank oder anderer Gleichstromquelle über die Hohlsteckerbuchse an der Rückseite versorgt werden. Per fest angebrachtem Kabel wird ein Dynamorücklicht angeschlossen. In den USA gibt es den Beacon für 350 $. In Europa braucht es etwas Geduld, einen lieferfähigen Händler zu finden.
Tout Terrain Plug5 Pure
2019 stellten wir den Plug5 Plus vor, mit Akkupuffer und bei langsamem bis mittlerem Tempo ganz vorne dabei, was dauerhafte Leistung an USB angeht. Nun folgt vom Freiburger Hersteller Tout Terrain das Modell Plug5 Pure ohne Akkupuffer. Wo beim »Plus« ein recht langes Gabelschaftrohr Voraussetzung ist und auch damit die Nachrüstung aufwendig ist, kann der »Pure« sehr schnell und elegant statt der vorhandenen Ahead-Scheibe angeschraubt werden. Die USB-C-Buchse kann mit dem drehbaren Aluminiumring verschlossen und so vor Schmutz geschützt werden. Eine Status-LED an der Oberseite signalisiert die Ladebereitschaft. Gleichzeitiger Betrieb von Licht und USB-Laden ist nicht möglich. Mit 170 € ist er 110 € preisgünstiger als das Modell Plus.
kLite USB
Dieses australische Produkt im Gehäuse aus dem 3-D-Drucker wurde uns vom englischen Händler St John Street Cycles zum Testen ausgeliehen. Geliefert wird es ohne jegliche Anleitung – und das unverständlich teure Zuleitungskabel hätte man getrennt bestellen müssen. In Kombination mit den eigenen Dynamoscheinwerfern von kLite sei paralleler Betrieb mit USB-Laden möglich. Mit in Deutschland gängigen Dynamoscheinwerfern klappt das aber nicht. Interessant an dem Produkt sind die zwei USB-A-Buchsen. Preis in Europa: 180 € plus 90 € für das Kabel.
Igaro D2
Dieser Ladeadapter aus England ist beeindruckend klein und leistungsstark. Ausführlich vorgestellt haben wir ihn schon im letzten Teil dieser Reihe. Obwohl nicht explizit beworben, ermöglicht das Gerät noch eine geringe Ladefunktion auch bei eingeschaltetem Licht. Die Elektronik ist komplett vergossen und damit relativ wasserfest. USB-C-Buchse. Beim Hersteller kostet er momentan 140 £, entsprechend etwa 170 €.
Sinewave Cycles Revolution
Das Urmodell aus den USA. Streichholzschachtelgroßes Kunststoffgehäuse mit USB-A-Buchse. Bei dortigen Reiseradlern seit Jahren sehr beliebt. Obwohl nicht explizit beworben, funktioniert der parallele Betrieb von Licht und Ladefunktion. Mit etwas Suche in Europa für ca. 150 € erhältlich.
Cycle2Charge V3 plus
Der Cycle2Charge aus Paderborn kann wie der Plug5 Pure unkompliziert anstelle der Ahead-Kappe montiert werden. Die USB-A-Buchse kann bei Nichtgebrauch durch Verdrehen der Kunststoffkappe verschlossen werden. Das »Plus« im Namen gegenüber dem im letzten Teil von Steckdose unterwegs getesteten Modell V3 hat keine signifikant messbaren Unterschiede in der Leistung ergeben. Paralleles USB-Laden und Licht sind nicht möglich. Der Preis ist mit 70 € attraktiv.
B&M E-Werk
Das E-Werk ist seit über zehn Jahren auf dem Markt – eine lange Zeit für elektronische Gadgets! Die Drehschalter für Spannung und Strombegrenzung waren ursprünglich dafür gedacht, verschiedene Akkupacks direkt aufzuladen. Für den USB-Betrieb reicht es, den Strom auf Maximum und die Spannung auf 4,9 V zu stellen. Das E-Werk ist bewährt und robust. Die Möglichkeit, die Kabel und damit USB-Buchse oder -Stecker zu tauschen, ist reizvoll. Eingeschränktes USB-Laden bei eingeschaltetem Licht ist möglich. Das Gerät ist für 100–130 € erhältlich.
Prüfaufbau und Messergebnisse
Vermessen wurden alle Ladeadapter an einem per Motor angetriebenen Nabendynamo SON 28. Der gleiche Testaufbau wurde auch in den letzten Artikeln dieser Reihe genutzt und beschrieben. Als Laufraddurchmesser wurde ein 28″-Rad mit 700 mm Durchmesser angenommen. Die elektrische Ausgangsleistung der Dynamos sowie die USB-Ladeleistung wird mit jeweils einem GMC METRAHit 29S gemessen. Als USB-Verbraucher dient die programmierbare elektronische Last Array 3711A. Bei jedem Messpunkt wurde der Strom am USB-Ausgang kontinuierlich erhöht, bis dieser abschaltet oder die Spannung unter 4,7 V fiel. Der höchste jeweils gemessene Leistungswert wird hier berücksichtigt.
Die Messergebnisse zeigen eine sehr dicht beieinanderliegende Gruppe: Die beiden Sinewave-Geräte, das E-Werk und bei langsamer Fahrt etwas schwächer der kLite unterscheiden sich wenig in der Ladeleistung. Wer häufig nur mit 15 km/h unterwegs ist, wird mit diesen Geräten kaum ein modernes Smartphone dauerhaft zur Navigation mit stets hellem Display betreiben können. Dazu sind deutlich über 2 W nötig. Im für viele Reiseradler typischen Geschwindigkeitsbereich von 15–25 km/h liefern Igaro D2 und Cycle2Charge V3 plus signifikant mehr Leistung. Der Velotor SE2 liegt zwischen diesen beiden Gruppen. Komplett anders ist der Verlauf der Ladeleistungskurve beim Plug5 Pure: Während er bei 15 km/h bei der Ladeleistung ganz vorne mit dabei ist, bleibt diese auch bei schneller Fahrt auf ca. 3,1 W beschränkt. Man kann damit also nicht schnelle Abfahrten für hohe Ladeleistung nutzen.
USB und Licht parallel
Für die Messungen mit Licht wurden Ladeadapter und ein Scheinwerfer Edelux II parallel am Nabendynamo angeschlossen. Ausnahme war der Velotor SE2 mit eigenem Lichtausgang zum Anschluss des Scheinwerfers. Auch hier wurde der USB-Strom bis zur jeweils maximalen Leistung erhöht – und dann auch die maximale Beleuchtungsstärke des Edelux II gemessen. Bei geringerer USB-Leistung würde auch der Edelux heller leuchten – was hier am Beispiel des Velotor SE2 mit geringerer USB-Last (im Diagramm als »low USB«) gezeigt werden wird.
Leistungen von 1 W reichen gerade aus, um ein kleines Garmin eTrex ohne oder mit geringer Hintergrundbeleuchtung zu betreiben. Navigation per Smartphone ist mit so wenig Leistung nur möglich, wenn es vollständig geladen ist und nur per akustischer Hinweise gefahren wird, während das Display ausgeschaltet bleibt. Mit der minimalen USB-Leistung, die beim Scheinwerferbetrieb aus E-Werk und Igaro D2 kommt, lässt sich wenig Sinnvolles anfangen. Das Sinewave Cycles Revolution liefert bei zügiger Fahrt 1,4 W bei immerhin noch brauchbaren 40–50 lx vom Edelux. Der Sinewave Cycles Beacon liefert vergleichsweise üppig Ladestrom auch bei eingeschaltetem Licht – das dann aber wirklich nur noch zum »Gesehenwerden« ausreicht. Bei Nacht möchte man nicht mit unter 10 lx in 10 m unterwegs sein – da waren die schummrigen alten Halogenscheinwerfer heller! Wer i. A. schneller als 20 km/h unterwegs ist und dabei gutes Licht und leistungsstarkes USB-Laden gleichzeitig nutzen will, wird ausschließlich mit dem Velotor SE2 gut bedient. Nur damit sind leistungshungrige Smartphones und Dynamoscheinwerfer sinnvoll parallel betreibbar!
Kompatibilitätsprobleme beim Plug5 Pure
Beim Versuch, den neuen Plug5 Pure zusammen mit dem Edelux II zu betreiben, hatten wir zunächst den Eindruck, dass bei eingeschaltetem Edelux kein USB-Laden möglich ist. So weit, so klar. Wenn sich aber der Edelux II per Lichtsensor bei mittlerem Tempo ausschaltet, kann er sich anschließend nicht automatisch (am nächsten dunklen Ort) wieder einschalten. Das irritiert. Ursache für dieses Verhalten scheint eine Schutzschaltung im Plug5 Pure zu sein, die ohne angeschlossenen USB-Verbraucher die Nabendynamo-Spannung auf sehr niedrigem Niveau hält, und damit funktioniert die Lichtsensorautomatik im Scheinwerfer nicht. Tout Terrain kündigte uns gegenüber an, dieses Verhalten zu untersuchen und ggf. in folgenden Versionen des Plug5 Pure zu beseitigen. Das Problem tritt nur bei Scheinwerfern mit Lichtsensorautomatik, die komplett zwischen Licht an und aus hin- und herschalten, auf. Scheinwerfer ohne Automatik oder nur Schaltung zwischen Tag- und Nachtlichtcharakteristik sind nicht betroffen. Hat man Edelux, Cyo oder vergleichbare Scheinwerfer mit Lichtsensor, sollte bei Nutzung des Plug5 Pure die Sensorfunktion nicht genutzt werden.
Fazit
Ob es einen signifikanten Sicherheitsvorteil bietet, tagsüber mit eingeschaltetem Licht zu radeln, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Wer aber vergleichsweise viel USB-Ladeleistung benötigt und zudem eher gemütlich unterwegs ist, der wird nicht glücklich werden, wenn er dabei auch noch die Lichtanlage versorgen will. Die Leistung aus dem Nabendynamo ist halt beschränkt. Der Velotor SE2 löst diese spezielle Aufgabe aber klar am besten. Geht es nur um die Ladeleistung ohne Licht, dann liegen Igaro D2 und Cycle2Charge V3 plus klar vorne. Der Cycle2Charge V3 plus ist dabei unangefochtener Preis-Leistungs-Sieger.
Nicht betrachtet haben wir hier die kleinen und großen Kompatibilitätsproblemchen mit verschiedenen High-End-Smartphones. Insbesondere Geräte von Apple und Samsung sind berüchtigt dafür, nach temporär langsamer Fahrt die entsprechend geringere Ladeleistung nicht von allein wieder zu erhöhen. Der Plug5 Pure, Cycle2Charge V3 plus und Igaro D2 versuchen diese Probleme mit Tricks abzumildern – ganz rund läuft es mit den Großen der Telefonbranche aber nie. Auch USB-C-Kabel und Adapter haben uns immer wieder unvorhersehbaren Ärger gemacht – das wäre einen eigenen Artikel wert. Moderne Schnelllade-Modi im Zusammenhang mit USB-C wie USB-PD oder Quickcharge werden bei den hier beschriebenen Ladeadaptern ohnehin nicht genutzt. Von daher ist der alte, grobschlächtige USB-A-Stecker nach wie vor die unkomplizierteste Lösung am Fahrrad.
Zum Autor
Andreas Oehler (Jahrgang 1966) arbeitet als Maschinenbauingenieur beim Fahrradbeleuchtungshersteller Schmidt Maschinenbau.