Fahrradzukunft

Ausgabe 41 · Juli 2025

Florian Freund: Fahrräder Made in Germany 1817–1929

rezensiert von Juliane Neuß

Florian Freund:
Fahrräder Made in Germany 1817–1929.
Hrsg. von der Redaktion der Zeitschrift für historische Fahrräder »Der Knochenschüttler«.
Schriftenreihe zur Fahrradgeschichte, Bd. 8.
Hamburg: 2024.
224 Seiten.
ISBN 978-3-949139-19-2
39,80 €

Nein, es ist keine Auflistung der vielen hundert Fahrradmarken, die es in Deutschland mal gegeben hat, und es ist auch für diesen Zeitraum nicht vollständig. Es ist viel mehr! Es ist ein Ritt durch mehr als hundert Jahre Fahrradgeschichte, die vor allem auch Innovationsgeschichte ist. Denn jedes vorgestellte Rad hat eine technische Besonderheit oder ist in ein sehr persönliches Erlebnis eingebunden.

Die Fahrräder, viele im Originalzustand, sind in bekannter perfekter Manier fotografiert und freigestellt abgebildet. Sie beweisen, dass es viele Entwicklungen schon sehr früh gegeben hat, vieles aber auch schnell wieder von der Bildfläche verschwunden ist.

Da gibt es Tretlagergetriebe, Luftkammerreifen, verstellbare Vorbauten, zusammensteckbare Rohrsätze und Federungssysteme, um nur ein paar zu nennen.

Besonders interessant werden die einzelnen Modelle durch die sehr gut recherchierten Firmengeschichten. Jede einzelne ein Krimi. Denn wenn man nach über hundert Jahren etwas über Firmen herausfinden möchte, dann landet man zwangsläufig eher bei Skandalen als bei Erfolgsstorys. So erfährt man von Patentrechtsstreitigkeiten, Insolvenzen, feindlichen oder freundlichen Übernahmen und Lügengeschichten. Letztere wurden oft zu Werbezwecken zusammengedichtet.

Bild 1: Auszug aus »Fahrräder Made in Germany 1817–1929«

Die Entstehung dieses Buches ist unter anderem dem Verein »h:artland« zu verdanken, der Projekte im Bereich Kunst und Wissenschaft jeweils unter aktiver Mitarbeit der Protagonisten unterstützt.

Die Recherche zu den abgebildeten Fahrrädern wurde in akribischer Kleinarbeit von annähernd 50 Mitarbeitern aus dem Bereich der Fahrradhistoriker geleistet, die zum Teil ihre eigenen Exponate dafür zur Verfügung stellten. Dabei gibt es manchmal bei den sehr präzisen Bildunterschriften korrigierende Anmerkungen wie »die Feder des Abschaltmechanismus ist falsch eingehängt«.

Die hervorragende Bildqualität verleitet einen dazu, ab und zu mit Daumen und Zeigefinger über das Bild zu streichen, um es zu vergrößern. Es ist aber leider kein Touchscreen.

Wie gründlich und detailreich die Recherchen waren, zeigt sich anhand des sehr ausführlichen Anhangs, der nicht nur Personen, Orte und Verbände beschreibt, sondern auch auf 16 Seiten die gefundenen Quelltexte, häufig historische Rad-Markt-Ausgaben auflistet.

Herausgeber für dieses 224 Seiten starke Buch ist die Redaktion der Zeitschrift für historische Fahrräder »Der Knochenschüttler«. Es handelt sich um den 8. Band der Schriftenreihe Fahrradgeschichte.

Mein persönliches Fazit: nicht bis Weihnachten warten, sondern mit ins Ferienhaus nehmen. Für die Mehrzahl unserer Leser (die Nerds!) unbedingt lesenswert!

Zur Rezensentin

Juliane Neuß, von Beruf Technische Assistentin für Metallographie und Werkstoffkunde. Ihre Berufung: Fahrradergonomie und Fahrräder für kleinwüchsige Menschen. Betreibt seit 1998 die Firma Junik-Spezialfahrräder, hat sechs Jahre lang die Filiale eines Fahrradladens in Hamburg geleitet und viele Jahre den Techtalk in der ADFC-Radwelt geschrieben. Sie ist seit 2016 Inhaberin der »Fahrradschmiede 2.0« in Clausthal-Zellerfeld, ihrem Heimatort, und hat dort auch eine Brompton-Spezialwerkstatt.