Ausgabe 3 · November 2006

Diesen Artikel als PDF

Leserbriefe

Zukunftsvorhersage

Ihre oder vielleicht unsere Publikation heißt »Fahrradzukunft« – müßte sie nicht »Fahrradzukunft?« heißen!? Bei prognostizierter Kfz-Zunahme in zweistelliger Prozenthöhe in wenigen Jahren, so abwegig nicht. Da frage ich mich nicht, wo soll das hinführen – sondern, wo sollen die hin. Das kann doch nur heißen, Fußgänger unter die Erde (U-Bahnen usw.) – Radler an den Rand (Radwege). Ich sehe Fahrradzukunft nur in der baldigen Abschaffung des Radwege-Benutzungsgebots oder die Einführung von einem Radwege-BenutzungsANGEBOT (also Aufhebung des Benutzungszwangs).

Ich wünsche mir und Ihnen eine interessengesteuerte Publikation

Jürgen Koschmann, München

Gefühlte Benutzungspflicht

Zu: Radfahren neben Radwegen (Ausgabe 2)

Auch ich kenne motorisierte Fahrer aus Oldenburg und Bad Zwischenahn als oftmals aggressive Zeitgenossen, selbst Rentner werden mitunter brutal. Die Justiz belohnt die Gefährdungen anschließend noch. Nur auf Landesstraßen zwischen den Orten sieht es anders aus: Die Erlebnisse sind selten, sogar überholt wird ordentlich. Das Gehupe wandelt sich von der Drohung zum harmlosen Lärm.

Nachdem ich immer öfter auch bei Anwesenheit blauer Schilder auf der Fahrbahn fahre, kann ich bei einer Feststellung doch nicht zustimmen: Die Duldung von Radfahrern kann man nicht vom vor Ort vorhandenen Schild festmachen, sondern vom Bekanntheitsgrad der Fahrbahnerlaubnis auf dieser Straße, und auch davon, ob die Straße nach Radweg aussieht. Die Reaktion der Motorisierten hängt im Endeffekt also sozusagen von der von ihnen gefühlten Benutzungspflicht ab. Das deckt sich auch mit der Feststellung, das in radwegfreien Gegenden aggressives Verhalten nicht oder kaum vorkommt.

Die Augen reibe ich mir allerdings jedes mal, wenn man versucht, die Aggressivität mit der Unkenntnis der StVO, der Radwegebenutzungspflicht, quasi zu entschuldigen, zumal es ja auch bei Fahrbahn-Erlaubnis vorkommt. Erstens ist aggressives Verhalten (offiziell) auf jeden Fall verboten. Zweitens gilt das blaue Fahrbahnverbot nur im Normalfall – ob ein solcher vorliegt, kann und hat kein Autofahrer zu beurteilen. Und drittens dürfen sich Radfahrer auch im Normalfall auf der Fahrbahn befinden, z. B. zum Abbiegen.

Udo Steinbach, Oldenburg

Küchenspsychologie

Zu: Radfahren neben Radwegen (Ausgabe 2)

Liebe Fahrradfreunde,

der Artikel von Dr. Basler in der Ausgabe 2 beschreibt Zustände, wie sie wohl jeder Alltagsradfahrer aus Erfahrung kennt. Bisher war es »nur so ein Gefühl«, daß sie nicht gut gelitten sind. Herr Basler hat eine knallharte Statistik daraus gemacht, die dieses Gefühl bestätigt. Im Übrigen wurde ich schon aufgefordert »gefälligst den Radweg zu benutzen« wo gar kein Radweg vorhanden war!

Meine Antwort auf die Frage »warum tun die Leute das?« ist »Küchenpsychologie«:

1. In den Medien werden Fahrradfahrer einerseits nicht nur als Verkehrsrowdies, sondern andererseits auch häufig als »grüne bessere Menschen« dargestellt. Tenor von »Werbebeiträgen« fürs Fahrrad ist, »wer nicht mit dem Rad fährt ist dumm, von gestern oder eine faule Kartoffel«. Im besten Falle wird dem Leser unterschwellig klargemacht, das »er oder sie etwas verpassen, wenn sie nicht Radfahren«. Daran sind wir ADFC-Aktive nicht ganz unschuldig!

Wie kommt das aber beim »durchschnittlichen« Menschen an? Wer möchte schon »Umweltsünder«, »von gestern« oder eine »faule Kartoffel« sein? Besonders, weil das Leitbild in der Presse auch der aktive, gesundheitsbewußte, sportliche und umweltbewußte Mensch ist. Die Leute haben also ein schlechtes Gewissen. Deshalb kommen auch die Artikel über die »Fahrradrowdies« so gut an, nach dem Motto: »Siehste, ich habe es doch gewußt! Die sind nicht ganz dicht, Rowdies, Kommunistenpack, grüne Terroristen … Näh, da will ich nicht dazugehören!«. Im Übrigen, Politiker, Polizisten, Richter und Journalisten sind auch nur (durchschnittliche) Menschen.

2. Im Zuge der Industrialisierung wurde körperliche Betätigung zur Zweckerfüllung immer weniger Wert (vgl. Einkommen von »Denkern« und »Schaffern«). Im Zuge des Gesundheitswahns wurde körperliche Betätigung ohne Zweck immer mehr Wert (siehe PKW-Parkplätze in unmittelbarer Nähe von Fitness-Centern!). Dieser Widerspruch ist in der Denke der meisten Leute SEHR präsent, aber nicht bewußt.

Diese Küchenpsychologie erklärt mir das Verhalten der Leute. So kann ich es besser ertragen. Es erklärt aber leider nicht, was dagegen zu unternehmen wäre.

Burkhard Walger, Darmstadt

Bastler gesucht

Zu: Granny oder Grand-Granny – Schaltungen fit machen für die Berge (Ausgabe 2)

Ich kann alles nur bestätigen, was du in dem Artikel geschrieben hast.

An meinem alten Tourenrad habe ich für die verbaute Kurbel als kleinstes Kettenblatt ein 24er bekommen.

An dem fahre ich jetzt als Berggang 24/28 bei 37/622. Da muss ich immer ganz schön Tempo fahren, damit ich bergauf auf einer vernünftigen Drehzahl bleibe. Das halte ich aber nie lange durch.

An meinem MTB war serienmäßig 22/32 dran. Das habe ich mir beim Kauf auf 22/34 ändern lassen. Hat mir aber noch nicht gereicht und ich bin dann im Internet auf das 20er Mountain-Goat gestoßen. Alle Versuche es ohne mechanische Änderungen anzubringen sind gescheitert. Die Kette ist nicht immer sicher auf das Kettenblatt gefallen. Da das nur wenige Tage vor meiner Alpentour war und ich wegen dem Kurbelabzieher jedes Mal zum Radhändler muss, bin ich mit den Umbau nicht fertig geworden. Bei zwei Steigungen während der Tour habe ich es dann doch vermisst.

Als ich dem Händler erklärt habe, warum ich den Kurbelabzieher so oft brauche, meinte er, das 20er Kettenblatt bräuchte ich nicht. Da wäre die Geschwindigkeit so langsam, dass ich umfalle. Ich habe ihm aber vorgerechnet, dass man bei 20/34 (54-559) und einer 80er Trittfrequenz auf dem MTB noch knapp 6 km/h (5,91) fährt. Und dabei fällt man noch nicht um. Selbst bei einem 17er Kettblatt würde ich noch 5 km/h fahren. Das habe ich schon getestet. Das kann ich auch noch locker fahren ohne umzufallen.

Nur leider bin ich auf das angewiesen, was am Markt angeboten wird. Das kleinste, was ich für meine 4-Arm LX Kurbel finden konnte, ist das 20er Mountain-Goat. Und selbst da muss ich mit der Feile die Kurbel nacharbeiten.

Ich suche aber weiter. Vielleicht gibt es doch irgendwo einen genialen Bastler, der seine Lösung auch zum Verkauf anbietet.

Karl Heinrich Muth, Karben

Superflux

Zu: Warum Blinkis Mist sind (Ausgabe 1)

Per Zufall bin ich im Internet auf Ihre Zeitschrift gestoßen. Da haben Sie wirklich gute Artikel zusammen gestellt. Vor allem am Thema Licht bin ich seit Jahren interessiert und stehe auch in enger Diskussion mit dem einschlägig bekannten Olaf Schultz. Nun zu den Blinkis.

Eindeutig ist: Sie sind verboten und dürfen nicht verwendet werden.

Die Verwendung von Blinkis resultiert daraus, dass die Radfahrer wissen, dass Sie übersehen werden. Die Situation in der Stadt ist doch folgende.

Man fährt auf eine rote Ampel zu, links haben sich 20 Autos eingeordnet, deren Blinker grell blinken, nach rechts sind es nur 10, die Blinken. Am rechten Straßenrand ist eine Disco mit blitzendem grellblauem Flashlight, auf der anderen Straßenseite versucht ein Handyshop dies mit blinkenden Lichterketten noch zu toppen. Da scheint es wohl keine Vorschriften zu geben, obwohl das nach meinem Eindruck heller ist als das Blaulicht von Polizei und Feuerwehr. So richtig eben sind die Straßen nicht, also stehen die Autofahrer auf der Bremse, sodass es nach hinten taghell ist.

Dazwischen funzelt ein Fahrrad-Rücklicht.

Als LED-Rücklichter an Fahrrädern aufkamen, hatte man einen Sicherheitsgewinn, weil diese einfach wesentlich lichtstärker und durch das tiefe Rot auffälliger waren als konventionelle Rücklichter. Inzwischen sind aber LED-Rückleuchten an neuen Autos die Regel. Und hier sind nicht 3 LEDs verbaut wie im Fahrrad, sondern zwischen 25 (Daimler-Chryler) und 35 (Audi) – und das gleich 3× (links, rechts und oben). Also 3 LEDs gegenüber mindestens 75 am Auto.

Betrachten wir noch die Lichtstärke: Da 1 rote LED, wie sie heute in Fahrrad-Rücklichtern verbaut wird, ca. 10 cd hat, stehen dem Radfahrer also rund 30 cd zur Verfügung. Beim Auto sind für die Bremslichter nach ECE in Summe (Bremslicht mit einem Pegel nach Kat S1, aber ohne Dritte Bremsleuchte) maximal 260 cd erlaubt. Dieser Wert wird bei neuen Autos auch ausgeschöpft. Beim Blinklicht gelten als Maximalwert nach ECE 700 cd.

In 25 Meter Entfernung ergeben sich aus 260 cd dann 0,4 lx, aus 700 cd dann 1,12 lx. Die Blendwirkung eines Frontscheinwerfern darf maximal 0,5 lx (Punkt B50L) betragen. Damit ist die Blendwirkung von Bremslichtern also so hoch wie die von Frontscheinwerfern, Blinker sind heller. Das ist vom Gesetzgeber auch so gewollt, da Bremslicht und Blinker auch bei entgegenkommendem Verkehr gesehen werden sollen. Da kann ein »normales« Fahrradrücklicht (auch ein neues LED-Licht) mit 0,05 lx in 25 Metern Entfernung vom nachfolgenden Autofahrer nicht erkannt werden.

Für mich hab ich folgende Lösung aufgebaut. Ich hab in ein gekauftes LED-Rücklicht 4 Superflux-LEDs mit 10 Grad-Bündeloptik implantiert. Bei 50 mA hat jede LED 50 cd, so daß sich in Summe 200 cd ergeben. Das Blinkt nicht und man kann es sehen.

Nun zum Hinterherfahren: Beim nah hinterherfahren (<4 m) gibt es kein Problem, weil nach oben nicht viel abgestrahlt wird. Ist man weiter entfernt, blendet das Ding natürlich genauso wie ein Auto-Bremslicht, aber lange nicht so, wie die Rechtsabbieger. Aber einen Tod muß man sterben.

Wolfgang Bergter, Neubiberg

Strafen

Zu: Warum Blinkis Mist sind (Ausgabe 1)

Zu: Radfahren neben Radwegen (Ausgabe 2)

Liebe Redaktion,

Ihr Blinki-Artikel entspricht ganz und gar meiner eigenen Erfahrung. Die neuerdings aufkommenden Blink-Scheinwerfer zwingen einen geradezu, vom Radfahrer wegzuschauen, weil sie so unerträglich sind. Man (43, Brillenträger, fit) fragt sich aber, warum sie ungestraft verkauft werden dürfen.

Den sehr spannenden Artikel »Radfahren neben den Radwegen« kann ich aus der Praxis in Mannheim und Ludwigshafen nachvollziehen, da ich auch gern die Straße benutze, wenn das blaue Schild »vergessen wurde«. Solch drastische Strafmaßnahmen der Autler habe ich aber noch nicht erleben müssen, gottseidank.

Armin Winkler, Ludwigshafen

Gummi-Geheimwissenschaften

Nachtrag zu: Felgen für Reifen, die viel tragen müssen, Ausgabe 2

Die DIN-Kompatibiltätstabelle für Reifen- und Felgenbreiten bezieht auf die ETRTO (European Tyre and Rim Technical Organisation). Dass dieser Verband der Reifen- und Felgenhersteller diverse als sinnvoll geltende Festlegungen für Maße und Toleranzen getroffen hat, ist ziemlich bekannt.

Weniger bekannt ist, was genau drinsteht in »der ETRTO«. Ich glaubte jahrelang, dass der Reifenexperte Georg Böger, Autor des Artikels, das Regelwerk hat – und war überrascht, als er die Redaktion danach fragte. Die hatte es auch nicht – und keiner kennt wen, der es haben könnte.

Eine Norm bzw. technische Festlegung, die man nicht nachlesen kann, weil sie nicht als Quelle verfügbar ist, ist von zweifelhaftem Nutzen. Wer weiß mehr über die ETRTO-Festlegungen? Sachdienliche Hinweise, die zur Erlangung der begehrten Informationen führen können, bitte an die Redaktion.

Georgs Artikel behandelte nur eines von vielen Reifenproblemen. Manche Reifen-Felgen-Kombinationen sind unmontierbar stramm, bei anderen schält sich der Reifen schon von der Felge, bevor der Nenndruck erreicht ist. Beide Problemarten dürften durch zu große radiale Maßabweichungen des Reifens oder/und der Felge (»Drahtdurchmesser«) bedingt sein. Weil sie auch bei europäischen Produkten nicht selten auftreten, können entweder die ETRTO-Radialtoleranzen falsch sein – oder manche ETRTO-Mitglieder halten sich nicht an ihre Festlegungen.

Eine weitere, nicht ungefährliche Problemart ist rapider Druckverlust bei Abfahrten. Zu den Auswirkungen der Felgenbremshitze ist bisher sehr wenig bekannt – siehe meinen Beitrag zur Temperaturmessung. Neben klassischen Reifenabschälern wird immer wieder von »Reifenplatzern« berichtet, auch von Schlauchplatzern ohne Abschälen. Was genau geschieht?

Wir sind dankbar für erhellende Textbeiträge: Forschungserkenntnisse, Erfahrungsberichte, Theorien …

Rainer Mai, Autor des Artikels, Redaktionsmitglied