Ausgabe 10 · Februar 2010
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Schwangere Radlerinnen berichten
Mit jedem der Fünf
Zur Zeit bin ich mit dem fünften Kind schwanger – und bin bei allen Schwangerschaften Rad gefahren. Dabei bin ich keine fanatische Radlerin. Wir haben ein Auto und das benutze ich auch, wenn das Wetter zu mistig ist oder der Weg zu weit. Aber im Alltag gebrauche ich oft das Rad: Zum Einkaufen, Kind vom Kindergarten abholen, Paket zur Post bringen … Und das war während meiner Schwangerschaften nicht anders.
Ich fahre in der Regel mit einem normalen 28-Zoll-Herrenfahrrad, meist mit Anhänger hinten dran. Das Aufsteigen hat mir auch im letzten Drittel der Schwangerschaft keine Probleme gemacht. Ich bin es halt so gewohnt. Mein Fahrtempo (ich bin nicht so sportlich) ist mit wachsendem Bauch immer gemütlicher geworden. Aber zu Fuß ist man dann ja auch nicht mehr so schnell. Bei relativ ebener Strecke habe ich das Radeln dem Zu-Fuß-Gehen wirklich vorgezogen, weil es mich nicht so angestrengt hat und ich Gepäck/Einkäufe nicht tragen musste.
Zwei Wochen vor meiner ersten Entbindung war ich mit meinem Mann noch einmal auf einem Kurzurlaub auf der Insel Norderney. Das Laufen war für mich schon recht mühsam, sodass wir uns im Radverleih umsahen. Mit einem Hollandrad mit gemütlichem Sattel habe ich dann die ganze Insel erkunden können. Das wäre mir zu Fuß nie möglich gewesen.
Angst vor Stürzen oder zu großen Erschütterungen hatte ich nie. Ehrlich gesagt: Wann sind Sie das letzte Mal mit Rad gestürzt! Bei Eisglätte muss ich als Schwangere ja nicht unbedingt das Rad benützen. Und das Zu-Fuß-Gehen rappelt meinen Bauch mehr durch als das ruhige Dahingleiten auf dem Rad. Bei Bordsteinkanten bin ich halt etwas aus dem Sattel gegangen. Also: Alles kein Problem, finde ich, und werd mich gleich mal auf’s Rad schwingen, um meine Kleine vom Kindergarten abzuholen.
Aus dem Sattel
Während der ersten 3 Monate fand ich das Radfahren in der Schwangerschaft etwas anstrengend, da mir die kleinsten Erschütterungen unangenehm in den Bauch gefahren sind. Davor war mir noch nie aufgefallen, dass die Straßen auf meinem täglichen Weg zur Arbeit ein einziges Flickwerk und voller Schlaglöcher waren. Ich gewöhnte mir dann bald an, nicht voll entspannt auf dem Sattel zu sitzen, sondern so, dass ich schnell vor jeder vorauszusehenden Unebenheit der Straße vom Sattel aufstehen konnte, und ich fuhr große Bögen um Kanaldeckel und Schlaglöcher. Ein Fahrrad mit gefederter Gabel wäre da sicher komfortabler gewesen.
Im mittleren Teil der Schwangerschaft haben mich die Unebenheiten in der Straße nicht mehr ganz so sehr gestört und ich fand das Radfahren wieder angenehm.Ich kaufe mir aber zusätzlich zu meinem Trekkingfahrrad mit Stange ein altes Damenfahrrad auf dem ADFC-Fahrradflohmarkt, um später eine Alternative zu haben, wenn ich mit meinem Bauch nicht mehr über die Stange aufs Rad steigen können würde.
Das war dann im letzten Teil meiner Schwangerschaft der Fall und ich war dankbar über das einfache Aufsteigen auf mein altes Damenrad. Ich bin dann auch noch gerne und viel Rad gefahren, vor allem um unserem Hund den nötigen Auslauf zu verschaffen, denn Radfahren mit dickem Bauch ging immer noch viel besser als zu Fuß gehen.
Verene Pfau ist Mutter von Zwillingen.
Bewegung tut gut
Ich bin fast die ganze Schwangerschaft Rad gefahren. Zudem bin ich ganz am Anfang der Schwangerschaft noch mit dem Faltrad und per Bahn verreist, allerdings wusste ich da noch nicht dass ich schwanger bin. In den ersten Schwangerschaftswochen hatte ich noch ein Hämatom am Muttermund und musste mich sehr schonen, zum Glück war es Winter und da fiel der Verzicht auf das Radfahren nicht schwer. Danach bin ich im Alltag wie immer radgefahren. Klar, man passt schon sehr auf und fährt vorsichtiger.
Eigentlich bin ich bis zum Mutterschutz Rad gefahren und ich muss sagen, die Bewegung hat mir und dem Kind gut getan. Bei mir gab es zudem noch den Verdacht, dass ich Schwangerschaftsdiabetes haben könnte. Wirklich alle Ärzte haben gesagt, gut dass Sie sich bewegt haben. Manche Mitmenschen haben nicht verstanden, dass ich schwanger Rad gefahren bin. Die größte Gefahr ist sicherlich ein Sturz, aber durch vorsichtiges Fahren kann auch dies vermieden werden. Stürzen kann man auch in der Straßenbahn. Bei meinem Fahrrad hat mein Mann den Lenker ein wenig höher gestellt, das ging alles ganz wunderbar. Auf dem Foto bin ich im 6. Monat schwanger.
Katharina Jobke ist die Mutter von Karl (der jetzt im Chariot mitfährt).
Fahrradurlaub im fünften Monat
Ich kann eigentlich nur berichten, dass es bei meinen drei Schwangerschaften ebenfalls in Bezug auf das Radfahren nichts Besonderes zu berichten gibt. Ich hatte meine Gynäkologin gefragt, weil meine Mutter Bedenken geäußert hatte. Sie meinte, was man schon vor der Schwangerschaft gewöhnt war, kann man ruhig in der Schwangerschaft weiter machen.
Im zweiten Quartal ist man ja bekanntlich eher fit. Als ich bei der ersten Schwangerschaft im fünften Monat war, haben wir Fahrradurlaub in Irland gemacht. Micha war durch eine Erkältung angeschlagen, eine mitfahrende Freundin war das Radfahren nicht so gewohnt, sodass ich meist immer die erste oben auf dem Gipfel war.
Dass man insbesondere im dritten Quartal nicht mehr durch die Gegend rast, versteht sich von selbst.
In der ersten Schwangerschaft habe ich zwei Wochen vor der Geburt mit Radfahren pausiert, weil das Kind sich schon im Becken positioniert hatte und das Radfahren sich nicht mehr »gut« anfühlte. Bei Kind Nr. 2 und 3 war ich froh, dass es kein Glatteis gab und ich bis zur bis 2 Tage vor der Geburt Fahrrad fahren konnte.
Vor allem im achten und neunten Monat fand ich Radfahren wesentlich angenehmer als Laufen. Ich hatte auch nie irgendwelche Rückenprobleme, wie so viele im Hohlrücken laufende Schwangere.
Ich hatte schon vor den Schwangerschaften einen Gelsattel und eine Sattelstützenfederung am Rad.
Ich war immer erleichtert, wenn ich nach der Geburt wieder aufs Rad steigen konnte.
Befürwortung durch Frauenärzte
Meine Frauenärzte fanden es klasse und völlig normal, dass ich bis zuletzt (auch noch nach dem geplanten Geburtstermin) mit dem Fahrrad fuhr. Allerdings wohnen wir auch im platten Land, d. h. zu dem Zeitpunkt in Hannover und im Bremer Umland und hier ist Radfahren eben auch normaler als in vielen anderen Bereichen Deutschlands … Ich musste allerdings bei meiner Elterngeneration und auch im Freundeskreis häufiger erklären, dass die Frauenärzte dieses Verhalten durchaus billigten und sogar befürworteten. Etwas kritischer fand er die Beschreibungen meiner Fahrt zum 1. Mai im Solling, wo ich dann mit meiner Tochter im Kindersitz und im 7. Monat schwanger eine Tagestour von ca. 50 km gefahren bin. Mit An- und Abfahrt waren es dann etwa 100 km in drei Tagen. Da hätte er, wenn er es vorher gewusst hätte, wohl insistiert. Seine Bemerkung war, ich wolle wohl demnächst hoffentlich nicht noch einen Marathon laufen …
Radfahren ging eindeutig besser als Gehen, v.a in den letzten Wochen. Denn obwohl ich ziemlich klein (157 cm) bin, sind meine 3 Kinder alle um 4 kg schwer und über 50 cm lang, zudem neige ich zu viel bis zu viel Fruchtwasseransammlungen und damit einem enorm großen Bauch. Allerdings haben wir den Sattel verstellt und mit zunehmenden Bauch auch den Lenker eher in eine Hollandradgeometrie verändert, damit ich aufrechter saß.
In allen drei Schwangerschaften bin ich also Rad gefahren, mit Ausnahme der Zeit, wo ich hormonumstellungsbedingt sowieso auf der Couch zubringen durfte (eine Kombination aus Spucken und mehr oder weniger Kreislaufzusammenbrüchen). Problematischer war eigentlich die Zeit nach der Entbindung, weil alle mit Kaiserschnitt kamen und infolge dessen eine Reihe von Bewegungen dann natürlich erst einmal nicht ging. Dann war das Problem der Knocheninstabilität von Babies für uns wichtig, sodass wir erst mit etwa 9 Monaten die Kinder im Maxicosi im Hänger angeschnallt haben. d. h. nur selten nutzte ich in den ersten 9 Monaten das Rad, weil ich meistens ja mit Kindern unterwegs war. Stets eine Zeit, die ich als lang empfand.
Als Schwangere und besonders als Hochschwangere ist es allerdings nicht wirklich lustig, dauernd über miserable Hochbordabsenkungen zu fahren und auch schlechte Wegstrecken sind irgendwann eine Qual. In diesen letzten Wochen vor der Entbindung stellte sich dann stets die Frage, ob ich die Benutzungspflicht für Radwege infolge derer seltsamen Bauweise ignorieren dürfe, oder mir die – unnötig zu bemerken völlig unnötigen – Belastungen des Bauches und damit einhergehende Belastungen für das Kind zumuten müsse. Ich habe es meist nach Verkehrsaufkommen geregelt, bin aber mit zunehmender Dauer der Schwangerschaften nur noch »ordentliche« Wegstrecken gefahren …
Fahrradfahren gehört zu unserem Leben als normaler Bestandteil. Unsere Kinder, nun 8, 6 und 4 Jahre, fahren weit häufiger mit dem Rad. Auf Langstrecken nutzen wir normalerweise den Zug. In Hannover hatten wir kein Auto, hier können wir das Auto meines Schwiegervaters mitbenutzen, was wir allerdings sehr selten tun. Im zersiedelten Umland von Bremen stellt dies allerdings ein logistisches Problem dar. Der Schulweg beträgt 2,5 km je Strecke und das bedeutet, dass auch die Kinder häufig nun an 40 km pro Woche heranreichen (durch Nachmittagsaktionen und Besuche bei Freunden). Bei mir ist es entsprechend mehr.
Besser als Gehen
Ein schönes Thema! Es kursieren ja immer noch Gerüchte, dass Radfahren in der Schwangerschaft gerade auf Straßen mit Holpersteinen (wie es sie in DD ja noch zur Genüge gibt) Fehlgeburten auslösen soll. Zumindest bin ich auf dieses Gerücht in meinem Freundeskreis immer wieder gestoßen und musste da schon oft dagegen diskutieren.
Ich selbst bin in meinen 2 Schwangerschaften bis zum letzten Tag täglich Fahrrad gefahren. Bei beiden Schwangerschaften war das Fahrrad teilweise auch das einzige vernünftige Fortbewegungsmittel (Auto besitzen wir nicht), das mir geblieben ist. Aufgrund von Ischias-Beschwerden konnte ich monatelang kaum richtig laufen …
Übrigens haben wir uns aus diesem Grund ein radfreundliches Urlaubsziel in der Schwangerschaft gesucht! Mein Mann und ich haben eine Woche Urlaub in Amsterdam gemacht und uns in dieser Zeit vor Ort Fahrräder ausgeliehen. So hatte ich trotz Ischiasbeschwerden einen tollen Urlaub!