Ausgabe 24 · April 2017
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Kinder erlernen Radfahren – Fahrdynamik und Ergonomie
Lotta
Lotta kann Radfahren. Genauer: Sie glaubt, dass sie es kann. Die Eltern meinen dagegen, es sei noch zu früh, das alte Dreirad genüge. Das verärgerte Mädchen leiht sich ungefragt das Fahrrad der Tante aus, stellt sich auf die Pedale und rollt die Anhöhe hinunter. Die Landung im Rosenstrauch gehörte zwar nicht zur Absicht der kleinen Pilotin, änderte aber nichts an der Beweiskraft: Sie kann Radfahren! Daraufhin bekommt sie endlich ein Kinderrad.
Astrid Lindgren nimmt das Ergebnis des Lernprozesses im Titel vorweg. Sie lehrt keine Methode des Radfahren-Lernens, sondern vermittelt eine Einstellung, die sich gegen Frust, Schmerz und Grenzen setzende Erwachsene behauptet.
Das Erlernen des Zweiradgleichgewichts ist zuerst ein Problem von Erwachsenen, die darüber ins Grübeln geraten. Sie setzen sich auf das Rad und schauen herunter. Kinder fahren mit dem Rad – und vollziehen mental nach, was physikalisch auch abläuft. Das Fahrrad als Freund.
Interessant wird es, wenn Erwachsene Radfahren lernen. Der Coach eines Radfahrkurses ist darauf bedacht, seine Klienten möglichst zu entkrampfen. Neuester Trick: Er beschäftigt sie während ihrer praktischen Übungen mit intellektuell abwegigen Aufgaben. Solange das Hirn in Beschlag genommen wird, kann es nicht auf dumme Gedanken kommen. Irgendwann kommt dann der überraschende Moment: »Huch – ich bin ja eben gefahren und gar nicht umgefallen!«
Was macht ein Radfahrer, wenn er umzukippen droht? Er lenkt genau in diese Richtung, fährt also eine Kurve. Die provozierte Trägheit (»Fliehkraft«) richtet ihn wieder auf. Der Radfahrer fährt genau genommen nicht geradeaus, sondern in aufeinander folgenden wechselnden Bögen. Je schneller er fährt, desto mehr werden seine Schlangenlinien gestreckt. Wenn eine gehende Person nach rechts umzufallen droht, wird sie reflexartig das Bein und/oder den Arm ebenfalls nach rechts heraus strecken, um sich abzufangen. Beim Zweiradfahren ist es ähnlich: Der Fahrer muss nach rechts lenken. Die motorischen Automatismen werden auf das Lenken übertragen. Hat der Lernende den Trick raus, so geht es nur noch um die Feinabstimmung und die Anpassung an verschiedene Fahrsituationen. Das Erlernen der Zweiradstabilität stellt sich als sprunghafte Erkenntnis dar. Im Gegensatz zu anderen Darstellungen muss der Gleichgewichtssinn nicht geschult werden. Er ist vorhanden – die Steuerung muss stimmen.
Nur bei äußerst niedrigen Geschwindigkeiten funktioniert der normale Prozess der Gleichgewichtserhaltung nicht mehr richtig. Der Radfahrer versucht den Grenzbereich schnell zu durchschreiten. Andernfalls muss er sich mit Lenkerwackeln, Bremsen und Gewichtsverlagerung aufrecht halten.
Zweiradfahren lernen: Methoden
Für Kinder können vier verschiedene Lernmethoden des Radfahrens unterschieden werden.
- Klassische Methode (Gravitations-Variante, die auch Lotta praktiziert hat): Ein Kind nimmt sich ein Oma-Fiets mit sehr tiefen Durchstieg, stellt sich auf die Pedale und strampelt stehend drauflos. Vorteil: hohe Beschleunigung. Zögerliches Vorgehen ist unmöglich! Das Erfolgserlebnis stellt sich schnell ein, auch wenn die Beendigung der Fahrt einige Probleme schafft. Volles Risiko ohne Zwischenschritt. Allerdings waren wir damals etwas älter und kräftiger als die Fahranfänger heute. An einen Sturz mit Mutters Rad kann ich mich nicht erinnern, nur an eine Landung in der Hecke.
- Methode Tretroller (mein Favorit): Ein Fuß auf dem Trittbrett, der andere zum Abstoßen, zuerst noch sehr zögerlich, werden die Phasen des Rollens immer länger. Mit großen luftbereiften Rädern kann so viel Schwung aufgenommen werden, dass auch Kurven möglich sind. Damit hat ein Kind den wesentlichen Schritt zum Zweiradfahren vollzogen. Der Tretroller ist ein Sportgerät ganz eigener Art, das bei ausreichender Größe lange auch von älteren Kindern gerne gefahren wird. Er kann variantenreich benutzt werden und schult ausgezeichnet die Motorik.
- Methode Stützräder: Mit einem Dreirad wird das Gleichgewicht eindeutig statisch erreicht, mit einem Zweirad dagegen dynamisch. Ein Fahrrad mit Stützrädern wechselt ständig zwischen diesen beiden Zuständen, die sich gegenseitig ausschließen. Ein Radfahrer vollzieht unaufhörlich sinnvolle Bewegungen, die bei einem Wackelgefährt mit Stützrädern hingegen destabilisierend wirken und deswegen vermieden werden. Anschließend muss der kleine Radfahrer also nicht nur Radfahren völlig neu lernen, sondern das alte falsch programmierte Verhalten wieder verlernen (negatives Lern-Feedback). Stützräder wurden zwar als Lernhilfe begründet, tatsächlich steht dahinter die Absicht, Rad zu fahren, bevor die körperlichen Fähigkeiten dazu vorhanden sind.
- Methode Laufrad: Auf einem Laufrad können sich schon sehr kleine Kinder bewegen. Mit zunehmender Größe und Geschick werden sie schneller, rollen und heben dabei auch die Beine an. Dabei entwickeln sie intuitiv das richtige Lenkverhalten, um das Gleichgewicht zu erhalten – also ähnlich dem Roller. Das Laufrad ist aber einfacher handzuhaben, weil über den Sattel eine weitere Kopplung zum Körper besteht.
Der nächste Schritt: Beim richtigen Fahrrad wird der Sattel so tief herunter gesetzt, dass das Kind im Sitzen mit den Füßen auf den Boden kommt – also vergleichbar dem Laufrad. Die Beschleunigung erfolgt nun aber über die Kurbel. Begleitende Erwachsene helfen in der ersten Phase etwas nach, indem sie festhalten oder gar anschubsen. Gelingt das Radfahren, wird der Sattel höher gesetzt …
… aber: nicht hoch genug, um dem ergonomischen Anspruch zu genügen. Wenn das Kind weiterhin auf die beschriebene Art startet, müssen sich die Füße in sitzender Stellung sicher auf dem Boden abstützen können. Folge: Die Beine können gegen die Pedale nicht völlig gestreckt werden, die Kraftentfaltung ist begrenzt, die wichtige Beschleunigung erschwert. Die sanfte Methode ist dummerweise auch sanft beim Antritt. Der direkte Weg der klassischen Methode ist leistungsmäßig überlegen.
Der Lernprozess ist erst dann abgeschlossen, wenn das Kind wie ein Erwachsener auf das Rad aufsteigt, beschleunigt und dann erst aufsitzt.
Hindernisse für das Kinderradfahren
Welche Auswirkungen haben die körperlichen Eigenschaften von Kindern?
- Das dynamische Gleichgewicht beruht auf Geschwindigkeit – und die ist bei den Kleinen geringer. Ausgeprägt wechselnde Bögen sind die Folge. Ähnliches kann man bei greisen Radfahrern beobachten. Wenn Kinder an Steigungen Ausschläge von einem halben Meter beanspruchen, ist eine Teilnahme am Verkehr (Fußwege) nicht ratsam. Vor allem fehlt es an Beschleunigung. Der Grenzbereich muss schnell überwunden werden. Für die ersten Schritte ist eine glatte gepflasterte Fläche und fest aufgepumpte Reifen notwendig, z.B. ein leerer Parkplatz mit einer geringen Neigung als Beschleunigungshilfe. Schlechter wäre eine Starthilfe durch Anschubsen.
- Das Verhältnis von Eigenmasse zur Masse des Fahrrads ist sehr schlecht. Die Proportionen von Fahrrädern für Erwachsene können aus prinzipiellen Gründen auch mit großem Aufwand und hohen Kosten nicht erreicht werden. Das relativ hohe Gewicht des Kinderrads behindert die Beschleunigung und erschwert das Handling. Wenn ein Kind mit knapp 18 kg Eigengewicht und entsprechend geringer Muskelmasse mit einem 10 kg schweren Rad fährt, dann ist das vergleichbar, als würde man ein vollbepacktes Reiserad auf einem MTB-Trail bugsieren. Tatsächlich sind die Verhältnisse, in denen sich Kinder häufig bewegen müssen, durchaus einem Geländeritt vergleichbar.
- Kleine Radgrößen besitzen auch nur eine geringe Eigenträgheit. Das beruhigende Element der Kreiselkraft ist kaum vorhanden. Die Kreiselpräzession unterstützt die für das Gleichgewicht notwendigen Lenkeinschläge. Auch dieser hilfreiche Automatismus entfällt. Ab etwa 20 km/h tritt ansonsten ein Zustand ein, der völlige Selbstregelung ermöglicht: Lotta ist gefahren worden.
- Starke Änderung der Neigung, enge Kurven, wechselndes Terrain und eine für Kinder typische Fahrweise erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Pedalaufsetzern kommt. Die Pedale in unterster Position müssten folgerichtig höher liegen als die von Erwachsenen (bezogen auf Alltagsräder)! Real liegen sie etwa auf gleicher Höhe, also überproportional hoch. Das Auf- und Absitzen ist damit erschwert. Der zugehörige Maßstab ist nicht die Höhe des Tretlagers, sondern die Höhe, in der sich die Pedale in unterster Position befinden.
Wenn Rad fahrende Kinder mäandern und wackeln, hat das nur teilweise mit ihren Verhalten zu tun. Sie sind anatomisch einfach schlechter dran. Wenn sie das Radfahren ein paar Jahre später als üblich lernen, entfallen auch die beobachteten Eigentümlichkeiten.
Das Laufrad hat das Erlernen des Gleichgewichts noch weiter vereinfacht – und damit die eigentlichen Probleme verschärft.
Die körperlichen Dimensionen des Kindes und die Fahrradphysik des Radfahrens passen nur eingeschränkt zusammen. Wäre es dann nicht angebracht, das Radfahren auf später zu verschieben?
Nun, Kinder wollen es und tun es. Sie lernen es unter erschwerten Voraussetzungen. Grenzsituationen unter vergleichbaren Umständen kommen selten, aber immer wieder im späteren Radfahrerleben vor. Warum sollten sie es nicht einüben, wenn Lernbereitschaft und -fähigkeit am höchsten sind? Es ist müßig ein »Was-Wäre-Wenn« zu prognostizieren.
Der übliche Reflex auf die Erwähnung von Nachteilen: Kinder sind besonders gefährdet.
Stimmt nicht. Bei geringer Geschwindigkeit ist auch die Verletzungsgefahr geringer. Die Aufprallkräfte wachsen exponentiell. Stürze sind im Kindergartenalter recht normal. In einem Haushalt mit Kindern gehört das Gelkissen im Kühlschrank einfach dazu. Eine schwerwiegende Sonderrolle für das Fahrrad gibt es nicht. Für die Kleinen im Vorschulalter geht es zuerst um das Zurechtkommen und die Freude an der Bewegung.
Ergonomische Regeln des Radfahrens sollten unter den gegebenen Umständen nicht allzu eng angewandt werden. Andererseits darf es keine ergonomische Sonderregelung für Kinder geben.
Eine folgenreiche Regel
Wer sich mit dem Thema »Kinderrad« beschäftigt, wird sehr schnell mit einer Anweisung zur Einstellung konfrontiert, der Fuß-Boden-Regel: Die Sattelhöhe soll so hoch eingestellt werden, dass im Sitzen die Füße beidseitig den Boden erreichen, als ganzer Fuß oder in der gemäßigten Variante nur mit den Fußballen. Letzteres führt zu einer Erhöhung der Sitzhöhe von 30 bis 50 mm (je nach Schuhgröße). Die Fußauflage bei unterster Pedalstellung liegt dagegen mindestens 120 mm über dem Boden.
Annahme: Ein Erwachsener durchschnittlicher Größe stellt seine Sattelhöhe gemäß anerkannt üblichen ergonomischen Maßstab ein: Er soll in sitzender Stellung sein Bein durchstrecken können, wenn er sich mit der Ferse auf das Pedal stellt. Mit der entsprechenden Sattelhöhe wird er nicht fähig sein, im Sattel sitzend beidseitig bequem den Boden zu erreichen. Wenn Radfahrer beispielsweise an einer Ampel halten, steigen sie ab – genauer: abwärts.
So weit, so bekannt.
Wie sehen die Verhältnisse bei einem Kind aus? Sie sind wesentlich schlechter, weil die Pedale relativ hoch liegen. Bei einem Vergleich zwischen einem Jugendlichen und einem Fünfjährigen ergibt sich ein zusätzliches Defizit von 30 bis 35 mm.
Es ist möglich, die Füße noch stärker anzuwinkeln, allerdings ist ein echtes Stehen auf Zehenspitzen ohne Sattel gar nicht möglich, ein stabiler Stand ist somit nicht gegeben. Und die erwünschte Größenordnung wird trotzdem weit verfehlt.
Die Fuß-Boden-Regel ist geometrisch nicht mit der Ergonomischen Regel vereinbar – und zwar ausnahmslos bei allen zu erwerbenden Kinderrädern. Es funktioniert nur mit einem völlig anderen Fahrradtyp, zum Beispiel dem Bonanza-Rad.
Wozu dient die Fuß-Boden-Regel?
Ein absicherndes Bein kann nur im Grenzbereich bei extrem niedriger Geschwindigkeit angewandt werden, also immer bei Start oder Stopp.
Kinder sind angehalten, den Fußweg zu benutzen – und der zwingt häufig zu einer instabilen Schrittgeschwindigkeit, die artistische Fähigkeit verlangt.
Mit den Fußspitzen über den Boden rollernd kann ein Kind Hindernisse leicht umschiffen. Tatsächlich bewegen sich viele kleine Radler auch ohne Hindernisse und Start/Stopp ständig in einen dynamisch wackligen Zwischenzustand.
Eine tiefe Sattelstellung kann allenfalls im Übergang des Lernprozesses toleriert werden. Sie ist kein Dauerzustand, der Ergonomie-Verstoß darf nicht als ein Soll verkündet werden.
Hinter der Fuß-Boden-Regel steht das Bedürfnis nach Sicherheit – und die ist wesensmäßig grenzenlos. »Ihr Junge ist jetzt sechs Jahre alt, da brauchen Sie es mit der Sicherheit nicht mehr so genau nehmen« - eine derartige Entwarnung ist nicht vorstellbar. Wenn ein Kind erst an eine ergonomisch falsche Sitzposition gewöhnt ist und die Ängste entsprechend transformiert sind, wird es auch später nicht davon lassen.
Eine zu niedrige Sitzposition ist der meist verbreitete und schwerwiegendste ergonomische Fehler unter den erwachsenen Radfahrern. Geringere Leistungsfähigkeit führt zu weniger Lust am Radfahren. Auch die gesundheitsfördernde Wirkung des Radfahrens für das Knie wird zunichte gemacht.
Schulung im Grenzbereich
Extrem langsames Fahren sollte schon sehr früh geübt werden – möglichst im Schonraum, also ohne Beteiligung von Fußgängern und Fahrzeugen. Statt eine tiefe Sitzposition einzunehmen ist es im Gegenteil sinnvoll, aufzustehen: Das erhöhte Trägheitsmoment erleichtert das Balancieren und ermöglicht leichtes Abspringen – zur richtigen Seite. Aktive Kontrolle statt Notnagel. BMX- und Trial-Sportler machen es vor. Kinder sind in der Regel lernfähiger als die meisten Eltern es erwarten.
Bei eifrigen kleinen Radlern findet das stehende Fahren auch ohne erwachsene Anleitung statt, weil sie merken, dass sie im Sitzen zu schwach sind.
Für das problemlose Auf- und Absitzen ohne Zwischenzustand ist Übung angesagt, selbstredend mit Geduld und Fingerspitzengefühl.
Vorteilhaft ist auch das gemeinsame Fahren im Gelände: Die Kids bekommen sehr schnell mit, dass sie mit einer tiefen Sitzposition nicht so leistungsfähig sind.
Sitzposition einstellen
Spätestens im Grundschulter respektive nach zwei Jahren Radpraxis sollten die Voraussetzungen geschaffen sein, um eine ausgeglichene gemäßigt aufrechte Sitzposition zu erreichen. Es gibt keine Begründung für ungewöhnliche Haltungen, die sich von ergonomisch korrekten Sitzpositionen Erwachsener unterscheidet.
Erster Schritt: Neben den Fahrrad stehend sollte der Sattel sich in etwa Hüfthöhe befinden.
Zweiter Schritt: Kippt das Becken beim Fahren zu stark ab, kann der Sattel etwas weiter nach unten gesetzt werden, bis sich ein angenehmes und leistungsfähiges Fahrgefühl ergibt. Das Fahrrad ist kein Stehrad und nur im Fahren ist eine akzeptable Sitzposition zu ermessen.
Im Alter von 4 bis 10 Jahren wachsen die Beine im Schnitt um 4 cm pro Jahr – bei Wachstumsschüben mehr. Es ist also notwendig, die Sitzhöhe mehrmals im Jahr nachzustellen!
Passende Hardware
- Kleine Fahrräder sind besser zur Bewältigung enger Fahrsituationen und entsprechend niedriger Geschwindigkeiten geeignet (Radstand, Masse, Schwerpunkt). Spielräder sollten stärker im Fokus von Fahrradpublikationen stehen. In den letzten zehn Jahren hat es bemerkenswerte Bemühungen gegeben, diesen Typus zu verbessern (siehe auch den Artikel »Kinder auf dem Rad«, W. Steinmetz). Bislang wird das zwanzigzöllige Straßenkinderrad mit Vollausrüstung (»verkehrssicheres Fahrrad«) als Standard-Kinderrad vorgestellt.
- Es gilt als Unsitte, Fahrräder »auf Zuwachs« zu kaufen – zu Recht. Allerdings hat sich eine Variante verbreite, die es mit Hilfe eines konstruktiven Tricks angeblich ermöglicht, trotzdem zu große Fahrräder zu verkaufen: Das Sattelrohr wird derartig kurz gehalten, dass ein kleines Kind in tiefster Sattelstellung mit den Füßen den Boden erreicht – Hauptsache, die Fuß-Boden-Regel ist erfüllt! Folge: geringe Leistungsfähigkeit und Beherrschbarkeit. Dazu kommt ein meist relativ hohes Gewicht.
- Ein tiefer Durchstieg erleichtert das Auf- und Absteigen und die Beschleunigung aus dem Stand. Die Pedale sollten sich im oberen Totpunkt oberhalb des Rahmendurchstiegs befinden.
- Damit der Durchstieg nicht behindert wird, sollten eher kleine Sättel mit kurzer Sattelnase angewandt werden. Die Sattelgröße hat keinen Einfluss auf die dynamische Stabilität, erhöht aber die Beweglichkeit.
- Es gibt Kinderräder, die neben der Rücktrittbremse mit einer zweiten Handbremse für das Hinterrad aufwarten können. Wenn ein Kind beide Handbremsen problemlos bedienen kann, kann man sich vom Rücktritt verabschieden. Sie ist beim Starten hinderlich. Der Ausbau ist leicht.
- Beim Bonanzarad war das ständige Abwechseln zwischen Stehen und Sitzen im Konzept verankert. Es hatte aber ergonomische Schwächen und war auch zu schwer. Vielleicht findet ein Hersteller den Mut für eine Konstruktion mit ähnlicher Geometrie, die dem Bedürfnis nach einem Fahrrad für leichte Stopps entspricht.
Zusammenfassung
Kinder können sehr schnell die Gleichgewichtslage auf dem Zweirad erlernen. Die körperlichen Proportionen von kleinen Kindern passen dagegen nur eingeschränkt zu dem fahrdynamischen Anspruch des Fahrrads. Eine ergonomisch ausreichende Streckung der Beine zu den Pedalen führt immer dazu, dass die Füße in sitzender Position nicht den Boden berühren können. Eine tiefere Einstellung der Sattelhöhe ist kurzzeitig begründbar, solange die Beherrschung niedriger Geschwindigkeiten und Start/Stopp noch nicht entwickelt sind. Im Grundschulalter sollten Kinder so weit sein, dass die üblichen ergonomischen Regeln für das Radfahren uneingeschränkt angewendet werden. Der Abstand des Sattels zum Boden ist kein Maßstab für die Sitzposition von Kindern.
Zum Autor
Ralf Stein-Cadenbach (Jg. 1952), Dahlenburg, Ingenieur für Maschinenbau/Konstruktion, drei Kinder. cadenbach.de