Ausgabe 29 · Oktober 2019

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Fahrradscheinwerfer – spektrale Eigenschaften und Auswirkung

von Olaf Schultz

In den letzten Jahren haben sich bei Fahrrädern in den Scheinwerfern LEDs gegenüber Glühlampen durchgesetzt. Damit geht eine Änderung der Spektralverteilung der Lichtquelle einher. Doch ist die Empfindlichkeit der Augen von der Spektralverteilung abhängig. Bislang wird zudem die Abhängigkeit der Reflexion des Fahrbahnbelages von der Spektralverteilung nur selten betrachtet.

Die folgende Untersuchung geht auf folgende Teilaspekte und deren Abhängigkeit untereinander näher ein:

  • der spektrale Hellempfindlichkeitsgrad des Auges bei unterschiedlichen Leuchtdichten
  • die Spektralverteilung von Fahrrad-Scheinwerfern
  • die spektrale Reflexion von Fahrbahnoberflächen

Spektraler Hellempfindlichkeitsgrad

Der spektrale Hellempfindlichkeitsgrad der Augen streut nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Auge zu Auge (vergl.). Die subjektiven Eindrücke können daher von den standardisierten Werten abweichen. Im Folgenden werden die von der CIE festgelegten Empfindlichkeitskurven aus der DIN 5031 Teil 2 und 3 (Strahlungsphysik im optischen Bereich und Lichttechnik, DIN 5031 Teil 2 und 3, März 1982) verwendet.

Der spektrale Hellempfindlichkeitsgrad (V) ist abhängig von der Leuchtdichte (L) und der Wellenlänge (λ), siehe Bild 1:

  • Für das Tagsehen wird V(λ) verwendet. Tagsehen kann bei L>10 cd/m2 angenommen werden und ist für Gesichtsfelder <4° anwendbar.

  • Veq(λ) und V10(λ) sind für Gesichtsfelder von 10° definiert.

  • Für das Nachtsehen bei einer Dunkeladaption mit L<10-3 cd/m2 wird V‘(λ) verwendet.

Bild 1: Empfindlichkeit bei unterschiedlicher Leuchtdichte nach DIN 5031 Teil 2.

Beim Betrieb von Fahrradscheinwerfern in der Nacht ist weder von einer Dunkeladaption noch von Tagsehen auszugehen. Das Sehverhalten wird irgendwo im Übergangsbereich dazwischen liegen.

Nach dem Studium diverser Literaturquellen (vergl.) kann bei aktuellen Fahrradscheinwerfern Leq>0,1 cd/m2 angenommen werden. (Ein Leuchtdichtemessgerät ist beim Autor nicht verfügbar.)

Bild 2: Maximum des spektralen Hellempfindlichkeitsgrades in Abhängigkeit von der Leuchtdichte nach DIN 5031 Teil 2.

Zusammenfassung Auge: Das Maximum des spektralen Hellempfindlichkeitsgrades des Auges liegt etwa bei λ=530…550 nm (Bild 2). In diesem Bereich sollte auch das Maximum der spektralen Verteilung der Lichtquelle liegen um möglichst viel gut nutzbares Licht zu erzeugen.

Spektralverteilung von Fahrradscheinwerfern

In der Fahrradbeleuchtung sind Glühlampen und LEDs vertreten. Gasentladungslampen sind nur selten anzutreffen.

Glühlampen, egal ob B1 oder HS3, werden heute kaum noch in Fahrradscheinwerfern eingesetzt. Beispielhaft wird eine HS3 bei 2,4 W gezeigt.

Das Spektrum der Solarc (10-W-Halogen-Metalldampf-Entladungslampe von Welch-Allyn) ist exemplarisch mit aufgeführt. Verbaut sind diese Lampen z.B. in der Big-Bang von Busch+Müller (bumm).

Die Spektralverteilung von LEDs variiert stark. Je nach Hersteller, Charge, Modelljahrgang etc. werden unterschiedliche Spektralverteilungen vorliegen. Hier werden einige Scheinwerfer aus dem Fundus vermessen (Bild 3). Welches LED-Modell (Wenn die LED von außen zu sehen ist, dann kann man Bezeichnungen wie Cree XRE, Luxeon Rebel, OSRAM … eventuell erkennen oder der Scheinwerfer-Hersteller gibt den LED-Hersteller an.) bzw. Binning im Scheinwerfer verbaut ist, ist kaum herauszubekommen. Es können also keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden »Scheinwerfer xy von Hersteller ABC hat dieses Spektrum«. Je nach Marktverfügbarkeit der LEDs wird sicherlich auch mal ein Binning aus den Nachbarbereichen (nah oder fern) oder ganz andere LEDs (gleicher Hersteller) oder von anderen Herstellern verwendet.

Bild 3: Spektralverteilung einiger Scheinwerfer aus dem Fundus.

Typisch für »weiße« LEDs ist der Peak im blauen Bereich bei λ = 430–460 nm. Die Wellenlänge variiert mit der Technologie des Halbleitermateriales. Bei den subjektiv kalt erscheinenden LEDs, z.B. im Trelock LS592, dominiert der Peak im Blauen stärker als bei den wärmeren. Im Prinzip ist es ein Sparen an Phosphor. Das blaue Licht wird durch den Phosphor in langwelligeres, grün-orange-rotes, Licht umgewandelt. Ist zu wenig Phosphor auf dem Chip, so kann noch viel blaues Licht passieren.

Bei einigen, hier nicht gezeigten, warmweißen LEDs ist der Spitzenwert im Blauen nur noch bei 20 % des Spitzenwertes im Roten bei etwa λ = 630 nm. Nur ist dann wieder soviel Phosphor um dem Chip herum, dass die Leuchtfläche zu groß ist. Damit würde die Projektion und Ausleuchtung der Fahrbahn zu matschig und der Gegenverkehr geblendet. Für die Allgemeinbeleuchtung sind diese LEDs gut, für den speziellen Zweck im Fahrradscheinwerfer leider ungeeignet.

Bei der Samsung LM301B mit ca. 200 lm/W in 3500 K liefert der 1 mm × 1 mm große Chip mit dem Phosphor direkt darüber ca. 30 % des Gesamtlichtstromes mit einer Farbtemperatur von ca. 4100 K. Der Rest des 2,3 mm × 2,3 mm großen Phosphorhofes bringt 70 % des Gesamtlichtstromes mit einer Farbtemperatur von ca. 3200 K. Die Intensität des Phosphorhofes liegt bei etwa 55 % des Chips. Aktuelle gute Fahrradscheinwerfer verwenden LEDs mit einer Chipfläche von ca. 1 mm × 1 mm und keinem Phosphorhof. Ansonsten wären bei den derzeitigen Optiken und Lichtströmen die zulässigen Blendwerte nicht einzuhalten.

Tabelle 1: Kenndaten einiger Fahrradscheinwerfer
Model Farbtemperatur 100 % Peak bei Peak bei ≈grün Hersteller
[K] [nm] [%] [nm]
Halogen 3176 >750 - - Philips
Cylcemaster (Aldi) 4915 441 63 557 OSRAM
Cyo Cree XRE 5124 447 72 546 Cree XR-E
Edelux 2012 5306 452 74 562 Cree XR-E
Solarc 6091 593 90 541 Solarc
Luxos U Fernlicht 6061 434 36 550 ?
Edelux 2018 5730 448 58 543 OSRAM
Lyt 8791 447 40 548 ?
Trelock LS592 15610 448 26 543 ?

Zusammenfassung Scheinwerfer: Mehr Phosphor gezielt auf dem Chip kann anscheinend nicht schaden. Damit wird die Farbtemperatur in den »wärmeren« Bereich verschoben und das für das Auge nicht so gut nutzbare Blau besser genutzt. Die Phosphor-Mischung selbst ist bei den hier vermessenen LEDs schon recht gut an V(λ) angepasst.

Betrachtet man die spektrale Verteilung, so sind »wärmere« Typen besser für das Sehen angepasst als die »kälter/bläulicher« erscheinenden Varianten. Allerdings sind die leistungstarken (lm) LEDs mit kleiner Phosphorfläche derzeit eher im kälteren Bereich erhältlich und gleichen so die schlechtere Anpassung an das Auge aus.

Spektrale Reflexion von Fahrbahnoberflächen

Zur spektralen Reflexion von Fahrbahnoberflächen wird kein Literaturstudium getätigt. Es werden reale, im Alltagsbereich des Autor vorkommende Oberflächen vermessen. Für die Messung wird eine Messvorrichtung gebaut, deren Aufbau zuerst beschrieben wird. Danach folgt eine erste Auswertung einiger typischer Oberflächen.

Messaufbau

Eine »Messglocke« (Bild 5) mit einer innenliegenden Lichtquelle und einem Spektrometer misst das von der Fahrbahnoberfläche reflektierte Licht.

Die Messungen erfolgen mit einem Spektrometer Mavospec 600A von Gossen. Das 600A ist mit dem »GL Spectis 1.0 Touch« von GL-Optik vergleichbar. Die Spektren werden auf den Spitzenwert normiert.

Als Lichtquelle wird ein Streifen mit sieben Samsung LM301B (Farbtemperatur = 5.000 K) verwendet; Spektralverteilung dieser LEDs siehe Bild 4. Die Wahl fällt auf diesen Typ, da er ein recht breites Spektrum aufweist und die Lücke im Cyan-Bereich nicht so ausgeprägt ist wie bei anderen LEDs im Fundus. Die sieben LEDs sind parallelgeschaltet und werden mit einem stromgeregeltem Schaltregler mit 700 mA betrieben.

Bild 4: Spektrum der LM301B in der Messglocke.

Die Messglocke ist innen mit schwarzem Baumwollsamt beklebt (Bild 6). Das Spektrometer misst die Reflexion des Lichtes an dem Messobjekt.

Als Reflexions-Normal wird vor den eigentlichen Messungen eine mit ODP97 behandelte Fläche gemessen. ODP97 ist eine Farbe mit dem Pigment Bariumsulfat. Laut Datenblatt zu ODP97 beträgt die Reflexion im sichtbaren Spektralbereich über 97 % und ist dort nicht von der Wellenlänge abhängig. Mit dem Reflexions-Normal werden ca. E = 8.000 lx gemessen dies hat relativ kurze Integrationszeiten für die Messung mit dem Spektrometer zur Folge. Das Reflexionsnormal ist ein Kasten, in dem die Messglocke immer an gleicher Position sitzt.

Aus dem Verhältnis von Messobjekt zum Reflexions-Normal ergibt sich der Reflexionsgrad. Der Reflexionsgrad ist kein absoluter Wert, da diese Glocke nicht auf eine »normgerechte« Reflexionsmessung ausgelegt ist. Es soll nur, bei geringem Aufwand, die spektrale Abhängigkeit der Reflexion erfasst werden.

Bild 5: Messglocke (Querschnitt)
Bild 6: Messglocke (Ansicht von unten)

Da das ODP97 einen geringen Binderanteil aufweist, reibt es sich auch relativ schnell ab, in Bild 6 an den Ecken der Messglocke zu sehen. Diese Bereiche sind aber in der Messkette vernachlässigbar, da weit außen liegend (cos(φ)-Bewertung) und durch den Rand abgeschattet.

Während der Auswertung ist auffällig, dass alle Oberflächen besser reflektieren je langwelliger das Licht ist. Um eine spektrale Abhängigkeit der Oberfläche aus Samt auszuschließen wird eine zweiten Glocke mit vergleichbaren Abmessungen hergestellt. Diese wird mit ODP97 beschichtet. Auch hier zeigt sich diese Abhängigkeit in vergleichbarer Größe – siehe Bild 7 am Beispiel »dunkler Asphalt«. Eine Suche im Internet führt zu Seiten für Erdbeobachtungszenarien, im Bereich sichtbaren Lichts reichen diese bis weit in den Infrarotbereich hinein. Für grauen Beton wird hier eine ähnliche spektrale Abhängigkeit der Reflexion gemessen (Vergleich zwischen Bild 7 und Bild 8).

Bild 7: Einfluss der Glockenbeschichtung auf die spektrale Abhängigkeit der Reflexion bei Beton.
Bild 8: Reflexion von Beton (Quelle)

Randbemerkung: Für einen Fahrradscheinwerfer ist eine eher streifende Anleuchtung der Fahrbahn mit einer mehr oder minder diffusen Reflexion in Richtung der Anleuchtung der eigentliche Anwendungsfall, eventuell noch bei unterschiedlich feuchter bzw. nasser Oberfläche. Das ist bei der isolierten Betrachtung der spektralen Eigenschaften jedoch ein zu großer Aufwand und bedarf einer anderen Messausrüstung.

Auswertung der Reflexionsmessungen

Reflexionsmessungen werden an hellem/neuem Beton, altem Beton, altem und neuem Asphalt, Gras und roten Betonsteinen (Hamburger Radwege) unterschiedlichsten Alters vorgenommen. Alle Oberflächen sind trocken. Damit sollte ein alltagsgerechtes Spektrum an Oberflächen abgedeckt sein.

Bild 9: Reflexion typischer trockener Fahrbahnbeläge

Zusammenfassung Reflexionsmessung

Auffällig ist, dass einige graue Oberflächen im langwelligen Bereich besser reflektieren als andere graue. Von roten, egal ob Ziegeln oder eingefärbten Betonsteinen, ist das zu erwarten. Von grauen kam das für den Autor unerwartet, bestätigte sich aber durch eine Recherche, siehe oben.

Zusammenfassung

Das Auge ist im Bereich 530–550 nm am empfindlichsten. Die meisten LED-Scheinwerfer haben ein Maximum in der Spektralverteilung bei 420–450 nm, also nicht in dem Bereich, in dem das Auge am empfindlichsten ist. Fahrbahnbeläge wiederum reflektieren umso besser, je langwelliger das Licht ist.

Es kommt nicht nur auf die reine Helligkeit (Lumen) der Lichtquelle an. Wenn auf gute Reflexion und spektrale Anpassung Wert gelegt wird, dann ist eine LED mit niedriger Farbtemperatur und einer Dominanz bei λ = 520–550 nm den LEDs mit hoher Farbtemperatur vorzuziehen.

Das Problem wird nur sein, LEDs mit neutralweißer (4.000 K) oder warmweißer Farbtemperatur und mit einer kleinen Emitterfläche und hoher Lichtausbeute zu bekommen. Typische Allgemeinbeleuchtungs-LEDs (OSRAM E5, Samsung LM301B etc.) mit großflächiger Phosphorüberdeckung erzeugen im Fahrradscheinwerfer in der Projektion zu viel Streulicht und blenden den Gegenverkehr zu sehr.

Zum Autor

Olaf Schultz. »Kauziger« Alltagsradfahrer mit latentem Hang zu Sandalenfahrten bei jeder Wetterlage und einem lang anhaltenden Steckenpferd: Fahrrad-Beleuchtung.