Ausgabe 4 · November 2007
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Nieten für den Spedi-»mode«
Lastenanhänger mit Auflaufbremse im Selbstbau
Irgendwann Anfang der 90er kam ich auf die Idee, daß mein Körbchen am Rad doch ein bisschen klein für manche Transportaufgaben ist. Nach den Erfahrungen der post-pubertären Schweiss-Lern-Zeit, wo Anhänger aus 1″ Wasserrohren zusammengebraten wurden und über die klassische Hebie-Kupplung (Gibt es seit 1950) am Sattelbolzen gekoppelt waren, sollte es diesmal etwas Gescheites werden. Das Angebot war damals mies, so daß ich mich auf mich selbst besann und den Hänger selbst entwickelte.

Die Anforderungen und Randbedingungen waren:
- einfach zu bauen, ohne Werkstatt, auf dem Küchentisch
- groß
- variabel
- spritzwasserdicht
- verschließbar
- leicht
- geeignet für
100 kg Zuladung - leicht laufend
- für hohe Geschwindigkeiten geeignet, auch in unebenen Kurven
- und als herausforderndes Schmankerl: mit Auflaufbremse.
Zum Recycling standen ein paar alte Fahrradteile zur Verfügung,
Just in der Zeit gab es in irgendeinem Baumarkt ein Angebot von Zarges
Boxen, von denen ich die Größte (
Rahmenform
Den Wunsch nach Geschwindigkeit und Fahrstabilität nahm ich zum Anlaß, die Kupplung an der Hinterachse vorzusehen und den Schwerpunkt im Hänger so niedrig wie möglich zu wählen. Also brauchte ich einen Rahmen in den ich die Kiste einhängen konnte. Zur Befestigung der Räder sah ich links und rechts je ein Doppelstrebe vor. Damit war der Rahmen im Prinzip fertig. Aus ästhetischen Gründen und da es in Situationen, in denen man aneckt möglicherweise hilfreich ist, entschied ich, die Ecken anzuschrägen.

Fertigungstechnik
Zu Zeit der Planung sammelte ich gerade Erfahrungen im Umgang mit Alublech und Blindnieten, umgangssprachlich auch Popnieten genannt, so daß mir diese anspruchslose Fügetechnik geeignet erschien. Popnieten waren vorhanden, eine Zange und einige Blechreste auch.
Konstruktiv sah ich an den Nahtstellen vor, die Rahmenrohre mit überlappenden Blechen zu verbinden. Damit drängte sich auch die Rahmenrohrform auf: ein rechteckiger Querschnitt, da man dann die Rahmenteile einfach mit Blechen verbinden kann.
Dimensionierung
Um die Rahmenrohre zu kaufen ging ich in einen Stahlwarenhandel und ließ
mir den Lagerbestand an Aluminium-Rechteckrohren zeigen. Mein Bauch
tendierte zu
Bauplan
Wegen der Deichselkonstruktion, den Winkeln und dem Bewegungsraum des Hinterrads habe ich mir dann doch eine Zeichnung gemacht, aus der ich dann Winkel und Längen der Teile entnommen habe.

Mechanisch mittlerweile etwas vorgebildet, war mir klar, daß der
Knotenpunkt von Deichsel und Hängerrahmen die höchstbelastete Verbindung
im System ist und besondere Beachtung verdiente(vgl. Bild 3). Dort legte
ich die
Bau
Flache ebene Rahmen lassen sich gut auf dem Küchentisch bauen. Mit der
chinesischen 10-DM-Gehrungssäge war das Sägen zwar anstrengend, aber es
ging und Alu ist ja gut zu bearbeiten. Nachdem ich alle Puzzleteile gesägt
hatte, fixierte ich sie auf dem Tisch, legte die Bleche auf und bohrte und
nietete dann. Das ging zügig. Auch die Radaufnahmen waren schnell gemacht
(vgl. Bild 4). Die parallele Ausrichtung der Räder stellte sich jedoch
dann als etwas fummelig heraus, da ich keinen geraden

Kritisch waren zunächst die Punkte Auflaufbremse und Kupplung, an die ich mich zuerst nicht so richtig herantraute. Ich entwickelte einige Ideen, die es aber nicht zur Umsetzung geschafft haben. Man braucht ein Lager und zwei verschiebliche Bauteile, die durch eine Feder vorgespannt sind und sich beim Bremsen gegeneinander verschieben. Diese Verschiebung wird zur Betätigung der Bremszüge verwendet.

Als Provisorium baute ich die Bremsmechanik erst mal so wie in den Bildern
(vgl. Bild 5): ein Vierkantrohr
Erste Fahrten
Fertiggestellt wiegt der Hänger um die
Allerdings: Trotz der Vorspannung des Auflaufbremshebels durch die Bremsen
bemerkte ich recht schnell, daß bei größerer Last und höherer
Trittfrequenz ein Aufschwingen im Bereich der Deichsel auftritt. Der
Bogen, den die Deichsel spannt, biegt sich bei Zug auf und bei Druck zu
(vgl. Bild 6). Bei größeren Amplituden oder bei leicht schiebendem Hänger
(

Die fahrbare Trittfrequenz ist umgekehrt proportional zum Gesamtgewicht des Hängers.
Ich änderte daraufhin die Vorspannung des Auflaufbremshebels, indem ich den Ansatz des Bremszuges weiter nach aussen verlegte. Die effektive Hebelübersetzung beträgt nun ungefähr 8:5. Das Fahrverhalten wurde besser, bzw. das Auftreten der Schwingungen verschob sich hin zu höheren Hängergewichten.
Auf einer Ausfahrt mit ein paar Freunden zum Wochenendzelten an die
Klettersteine bei Pößneck fuhr ich eine Abfahrt zügig runter. Bei
Ich bohrte die Nieten aus, reinigte die Oberflächen, rauhte sie mit feinem
Schleifpapier an, klebte diesmal die Bleche und benutzte die Nieten
eigentlich nur zur Fixierung. Als Kleber verwendete ich Pattex oder einen
äquivalenten Kontaktkleber. Auf das Ablüften hatte ich aus Gründen des
Arbeitsablaufs weitgehend verzichtet. Das war vor ca.
Transporte
Nach dem Weihnachtseinkauf 2006 hatte ich aus Spaß mal alle Sachen auf die
Waage gelegt: Es waren

Kleinere und damit leichtere Transporte machten aber richtig Spaß, der Hänger war vom Fahrverhalten unproblematisch und unauffällig.
Leer springt die Kiste im Rahmen umher, was auf unebenen Untergründen lärmt und ohne Deckel fast unerträglich laut ist.
Bremsen
Die Bremse funktioniert besser als erwartet, in dem Prinzip steckt viel Potenzial. Es gilt allerdings die schwingungstechnischen Klippen zu umschiffen. (Dies könnte Thema eines meiner nächsten Beiträge werden: Statische und dynamische Modellierung eines Hängers mit Auflaufbremse.)
Bremsen an steilen Gefällen ist kein Problem, man sogar anhalten, wenn der
beladene Hänger einen hohen Bordstein runterrollt. Bei ordentlicher
Beladung und bei Trockenheit bremst der Hänger geschätzte
Dadurch das der Hänger nicht ganz mittig hinter dem Rad läuft, ist beim Bremsen ein seitlicher Schub am Rad spürbar.
Fazit
Der Hänger ist jetzt über
Ich bin zufrieden. Der Hänger ist vom Volumen und Fahrverhalten her gut geeignet, kleinere Transportaufgaben zu bewältigen und die Auflaufbremse funktioniert im Prinzip. Nur die technische Ausführung könnte perfekter sein.
Die Fertigungstechnik ist einfach auszuführen, und kann, ein wenig optimiert, zu leichten, tragfähigen und belastbaren Konstruktionen führen. Allerdings werde ich in Zukunft immer auch kleben und die Blindnieten als Fixierung zum Kleben und redundante Verbindungssicherung verwenden.
Kritisch muß man bei dieser Konstruktion zwei Dinge betrachten:
Zum einen ist da die Vorspannung des Bremssystems zu nennen, die über den zu erwartenden Wechsellasten liegen muß. Zum andern die Federsteifigkeit der Deichselkonstruktion, die zusammen mit den beiden Massen (Hänger, Fahrrad) maßgeblich die Resonanzfrequenz des Systems bestimmt.
Diese Problemfelder sind aber einen eigenen Artikel wert.




Zum Autor
Ervin Peters,
geb 1965, schöne Frau, Sohn, ist freischaffender Daten- und
Informationsklempner, das heißt, macht alles was mit IT zu tun hat,
bevorzugt Linux und anderere OpenSource Software. Im Werdegang
angerechnet werden: Abitur, Zivildienst, abgebrochenes Physik Studium
(