Ausgabe 28 · April 2019
Diesen Artikel als PDF
Mit Hund und Falt-Bäckerrad Samson reisen
Schon länger trugen wir uns mit dem Gedanken, einen Hund anzuschaffen. Wichtig war uns dabei aber, dass wir auch mit dem Tier weiterhin kleinere und größere Radreisen unternehmen können. Wir suchten deshalb nach einem sportlichen Hund mit Spaß am Laufen, der aber so klein ist, dass er gerade noch in einem Fahrradkorb passt und den die Deutsche Bahn AG ohne Probleme mit in ihre Züge nimmt. Für letzteres wird im Bahn-Tarif »nicht größer als eine Hauskatze« genannt.

Es ist letztlich ein Terrier-Mischling aus dem Tierheim geworden, der
durchaus mal
Um diese Idee zu prüfen, liehen wir uns ein I:sy-Kompaktrad aus. Diese Fahrzeuge werden von VSF-Radläden als »Serviceräder« zum Verleihen an Kunden genutzt und sind deshalb sehr gutmütig in ihrem Fahrverhalten. Am Steuerrohr hat das Rad seitlich Gewindeanlötteile die es ermöglichen, verschiedene rahmenfeste Gepäckträger vorne zu montieren.

Das I:sy bewährte sich hervorragend – auch wenn die Nexus-8-Getriebenabe sich als nicht reisetauglich herausstellte. Nach einigen Wochen, in denen der müde Hund in einem Karton vorne mitfahren durfte, wurden an eine Kunststoffbox (Scuba Box M) Aluprofile angenietet um auf den schweren, raumgreifenden Gepäckträger verzichten zu können. Mit Lösen der vier Schrauben lässt sich die Box schnell abnehmen. An der Hinterkante der Box wurde ein kurzes Stück Leine mit Karabiner befestigt, um den Hund zuverlässig am Herausspringen zu hindern.

Als ultimatives Hunde-Reiserad fehlten eine bessere Schaltung, Scheibenbremsen und die Möglichkeit, das Rad für die Mitnahme in TGV oder ICE falten zu können. Hier bot sich das robuste Stahl-Faltrad Samson von Urban Fahrradbau als Basis an. Die Geometrie des Samson ist sehr ähnlich zum I:sy. Der Rahmen ist aber noch etwas steifer. Alexander Urban von Urban Fahrradbau in Ergenzingen fertigte uns einen Samson-Rahmen mit Anlötteilen vergleichbar dem I:sy. Parallel wurde die Hunde-Box noch mit einem Trageriemen und einem Cabrio-Faltverdeck aus Aluminiumstreben und Nylongurten ergänzt. Dazu kommt ein Überzug aus silikonisiertem Nylon mit Fenstern. So bleibt der Hund bei Regen trocken, im Winter warm und im Zug ist er geeignet gesichert, wenn ein Schaffner es genau nehmen sollte.




Nun soll der Hund ja aber, wann immer er will, selbst laufen können. Im Idealfall läuft er unbeeindruckt von allem dicht neben dem Rad – real muss er aber doch öfter angeleint sein. Mit der Leine in der rechten Hand sind Bedienelemente auf der rechten Lenkerseite nicht immer nutzbar. Von daher haben wir beide Bremshebel und den Drehschaltgriff der Rohloff Speedhub auf die linke Seite verlegt. Die Bremshebel wurden auf der Drehbank nachgearbeitet, sodass sie sich sehr dicht nebeneinander positionieren lassen und sich am Drehgriff zusätzlich abstützen. Mit der linken Hand lassen sich so beide Bremsen (auch gleichzeitig) betätigen. Wichtig war dafür die Auswahl eines geraden »Besenstil«-Lenkers mit möglichst schmalem aufgeweiteten Mittelteil. So kann man beide Bremsgriffe und den Drehschaltgriff montierten und dabei aber noch relativ dicht am Vorbau greifen, um beim starken Bremsen mit nur einer Hand am Lenker das Rad gut kontrollieren zu können. Zudem wurden spezielle »Drop Bar«-Hörnchen an den Lenkerenden montiert, um den Unterarm dagegen abstützen und den Lenker so noch besser einarmig kontrollieren zu können. Die Hörnchen bieten zudem die Möglichkeit, eine zusätzliche, sehr aufrechte Sitzposition einzunehmen, wenn der Hund mal eher gemütlich unterwegs ist.
Erfahrungen aus der Praxis
Ursprünglich entwickelt wurde das gezeigte Lenker-Setup für eine behinderte Radfahrerin mit nur einem Arm. Auf über 50.000km im Alltag und auf Reisen hat sich gezeigt, dass so auch ein schwer beladenes Rad in allen Fahrsituationen »mit links« zu beherrschen ist. Die Erfahrungen konnten nun auf das Hunde-Rad übertragen werden.
Das
Samson
fährt sich sehr ruhig, selbst freihändig mit zappelndem Hund. Die Avid BB7
mit

Erstaunlich war, das trotz munter voran rennendem Hund aus Pkws heraus »Tierquälerei« gerufen wurde. Menschen die ihren Hund dick füttern und regelmäßig per Auto zum »Gassi-Gehen« fahren können scheinbar nicht verstehen, dass auch kleine Hunde schlicht Spaß am Laufen haben.

Zum Autor
Andreas
Oehler (Jg. 1966) arbeitet als Maschinenbauingenieur beim
Fahrradbeleuchtungshersteller Schmidt Maschinenbau.