Ausgabe 6 · August 2008
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Parkbremsen
von Rainer Mai
Zum ersten Mal eine Fahrrad-Parkbremse bewusst wahrgenommen habe ich vor 24 Jahren – am Reiserad eines Briten, deep down in Africa. Eine zierliche dreistufige schwarze Kunststoffklammer mit einer schwarzen Perlonschnur als Verliersicherung. Kein Eigenbau, sondern ein Produkt der Marke Jim Blackburn, das nicht billig war (ich meine, irgendwo mal 17 Dollar gelesen zu haben).
Die gleichzeitig am Rad eines Fellow Travellers gesehene Eigenbau-Lösung war da schon wesentlich preisgünstiger: Eine simple Holz-Wäscheklammer.
Mit diesen beiden Briten war ich eine Weile unterwegs. Die optisch sehr verschiedenen Lösungen funktionierten so überzeugend, dass ich seitdem alle meine Räder mit Parkbremsen ausgestattet habe. Funktionieren? Ach so:
Funktionen
Eine Parkbremse ist eigentlich keine Bremse, sondern bloß eine Vorrichtung zum Arretieren eines Bremshebels im mehr oder weniger durchgezogenen Zustand. Damit wird in der Regel nur ein Laufrad zum Parken festgesetzt.
Dass Parkbremsen bei Drei- und Vierrädern angesagt sind, damit sich das Fahrzeug am Berg nicht selbständig macht, liegt auf der Hand. Aber gerade auch beim Parken von Zweirädern sind sie sehr nützlich. Ob man sein Rad anlehnt oder auf einen Seitenständer stellt: Spätestens ein heftiger Windstoß (z. B. vorbeifahrender Laster) reicht aus, das Rad umzukippen. Das beginnt normalerweise damit, dass das bei mehr oder weniger eingeschlagenem (bzw. just dann umklappendem) Lenker querstehende Vorderrad etwas auf dem Boden rollt – wodurch der Aufstandspunkt des Reifens auf dem Boden seitlich wegwandert, bis die Chose instabil wird und kippt.
Kann sich das Vorderrad nicht drehen, bleiben Lenkeinschlag und Aufstandspunkt, wo sie sind. Die Maschine steht dann vergleichsweise bombenfest. Deshalb sollte die Feststellbremse am Zweirad immer die vordere Bremse aktivieren. Nur hinten ist zwar besser als nichts, bringt aber viel weniger.
Abgesehen vom Normalparken ist eine Parkbremse aber auch in vielen anderen Situationen vorteilhaft – etwa beim Parken auf Schrägen oder Treppen (z. B. zum Anschließen am Treppengeländer) und im Bahn-Gepäckabteil, wo sie einen souverän sicheren Stand bietet. Oder beim Anschließen an ein Verkehrsschild – plötzlich ist auch die sonst extrem kippelige Einpunkt-Anlehnung relativ stabil. Und nicht zuletzt beim Kurzparken »vorm Bäcker« als Wegfahrsperre. Zwar hat sich noch kein richtiger Dieb an meinen so »gesperrten« Rädern vergriffen, dafür diverse unautorisierte Personen: ordnungssüchtige Hausmeister, Ladenbesitzer, wichtige Uniformträger und gewisse parkplatzsuchende Autofahrer, die radikal alles wegschieben, was nicht nagelfest ist. Bisher haben meine Parkbremsen sie ALLE gefoppt: Das verdammte Rad ließ sich partoutnicht schieben – und den Intelligenztest (woran liegt das? – an sich offensichtlich) hat KEINER bestanden :o)
Starr oder elastisch?
Die einfachsten Feststellbremsen bestehen aus einem passenden festen Gegenstand, z. B. Hartholz oder Kunststoff, der sich irgendwo im gezogenen Bremsgriff festklemmen lässt. Dabei gibt es prinzipiell das Problem des, z. B. belagverschleißabhängig, wandernden Druckpunkts. Bei Seilzug-Felgenbremsen sind die Züge, Bremsarme und ihre Abstützung an Rahmen und Gabel aber weich genug, um eine ausreichende Dehnreserve zu bieten. Der eingeklemmte Gegenstand klemmt dann eben mal mehr oder weniger fest – was er auch darf, weil die Feststellbremse bei blockiertem wie bei nur leicht gehemmtem Laufrad ihren Dienst tut. Die verschleißbedingte Lockerung finde ich sogar positiv: Wenn die Feststellbremse nicht mehr fest wird, ist das ein unmissverständlicher Hinweis, dass die Bremse nachgestellt werden muss.
Schwieriger ist es bei steifen Bremsen, also Hydraulik, insbesondere Scheibenbremsen. Letztere geben einerseits kaum nach, andererseits wandert im Betrieb gern der Druckpunkt. Hier helfen nur elastische Feststeller, die den Hebel quasi wegunabhängig »ziehen«.
Schaut euch mal unsere Beispiele an. Viel Spaß beim Basteln wünscht
Rainer Mai
Zum Autor
Rainer Mai ist Fahrrad-Sachverständiger in Frankfurt am Main, Maschinenbauingenieur, Alltags- und Reiseradler, Mitgründer und Betreuer einer Selbsthilfewerkstatt, Mitinitiator der »AG Verflixtes Schutzblech«.