Ausgabe 17 · Februar 2014

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Stromversorgung am Tourenrad mit Walzendynamo und Minimal-Lader

von Wolfram Buchwitz

Jedes Fahrrad braucht eine Stromversorgung, doch deren Art und Umfang sind so verschieden wie die Bedürfnisse der Radfahrer. Die Bandbreite geht vom Rennradler, der nur zwei Notlichter in der Trikottasche mit sich führt, bis zum Campingradler, der eine komplette mobile Stromversorgung mit verschiedenen Stromspeichern und diversen Ausgangsspannungen an sein 20-kg-Rad schraubt. Im Folgenden soll eine individuelle Lösung vorgestellt werden, die zwischen diesen Extremen liegt und daher für manchen Tourenradler eine Anregung sein kann.

Konzept

Ausgangspunkt der folgenden Lösung war der Bedarf eines Tourenradlers, der längere, ganztägige oder auch mehrtägige Reisen unternimmt, auf denen abends nicht immer eine Steckdose zur Verfügung steht. In dieser Situation ist ein Dynamo zur Stromversorgung elektronischer Geräte fast unverzichtbar. Da das Feld der Dynamos praktisch komplett vom Nabendynamo dominiert wird, mag es im Jahr 2014 anachronistisch anmuten, noch einen Walzendynamo zu verwenden. Immerhin gibt es aber zwei Punkte, die für diesen sprechen: Einerseits ist er für 25 € auf eBay günstiger zu haben als ein guter Nabendynamo mit neuem Vorderrad. Andererseits hat man garantiert keinen zusätzlichen Rollwiderstand, wenn der Dynamo nicht benötigt wird. Auf einer normalen Radtour fährt man fast ausschließlich bei Tageslicht und hat abends Gelegenheit, das Handy an der Steckdose zu laden. Wenn der Dynamo daher nur ein oder zwei Stunden am Tag benötigt wird, so erscheint es unnötig, ihn die ganze Fahrt über laufen zu lassen. Auch wenn ein moderner Nabendynamo nur noch sehr geringe Leerlaufverluste hat, so steigen diese doch bei höheren Geschwindigkeiten. Wer als schneller Reiseradler mit durchschnittlich 25 km/h unterwegs ist, mag daher durchaus einer verlustfreien Lösung mit einem Walzendynamo den Vorzug geben.

Als Vorderlampe wurde hier ein Philips-LED-Scheinwerfer verwendet, der eine Leistung von nominal 60 Lux aufweist. Das Rücklicht wird mit zwei Batterien betrieben, was angesichts des geringen Strombedarfs kein Problem darstellt und zwei lange Kabel erspart, die ansonsten irgendwo am Rahmen entlang geführt werden müssten.

Was den sonstigen Strombedarf betrifft, so werden die wenigsten schnellen Reiseradler zahlreiche elektronische Geräte mit sich führen, die unterschiedliche Spannungen und Stromstärken benötigen. So viel Bewunderung man daher für ambitionierte Projekte wie den Forums-Lader mit 5- und 12-Volt-Ausgängen, Pufferakkus und Mikrocontroller haben mag, so reicht doch ein 5-Volt-USB-Ausgang für das Handy aus, wenn man keine anderen Verbraucher anschließen muss und als Stromspeicher schlicht den ohnehin vorhandenen Handy-Akku nutzt. Daher wurde hier als Ladegerät der in Ausgabe 12 (Juli 2010) vorgestellte Minimal-Lader vorgesehen, der allerdings ein paar kleinere Modifikationen erhielt.

Umsetzung

Am schwierigsten gestaltete sich der mechanische Aufbau, weshalb diesem einige Fotos und Erklärungen gewidmet werden sollen. Der Minimal-Lader erfordert zunächst eine Wärmeableitung für die Zenerdiode, die aus zwei kleinen Blechen bestehen kann. Da es im Baumarkt allerdings keine kleinen Bleche, wohl aber kurze Kupfermuffen zu kaufen gab, wurde kurzerhand eine solche Muffe entzwei gesägt und die beiden Hälften sodann an die Anschlussdrähte der Diode gelötet.

Bild 1: Zenerdiode mit Kühlelementen aus Kupferrohr

Vorne und hinten im Bild sind die beiden Kupferrohrstücke zu sehen, welche an die Zenerdiode angelötet wurden. In der Mitte befindet sich ein rotes Stück Plastikrohr, welches nur der mechanischen Fixierung der beiden Kupferrohrstücke dient. Die Anschlussdrähte der Zenerdiode wurden brückenförmig gebogen, damit bei etwaigen Querbewegungen keine allzu großen Kräfte auf den Körper der Diode einwirken.

Die weiteren Bauelemente des Minimal-Laders wurden sodann längs aneinander gelötet, sodass ein längliches Bauelement entstand:

Bild 2: Der fertige Minimal-Lader

In Bild 2 ganz rechts ist ein An/Ausschalter zu sehen, dahinter folgt der Eingangs-Serienkondensator. Es handelt sich um einen 330-µF-Tonfrequenzelko von Conrad – hier könnte man noch mit verschiedenen Werten experimentieren, um den besten Wert für den Walzendynamo zu finden. Um diesen Elko herum sind die vier Schottky-Dioden angeordnet, welche den Brückengleichrichter bilden. Dahinter folgen das Zenerdioden-Element aus Bild 1 und zuletzt (ganz links im Bild) ein Elko mit 6.800 µF für die Glättung der Ausgangsspannung. Der fertige Minimal-Lader wiegt nur 39 g.

Bild 3: Gewicht

Der Eingang dieses Minimal-Laders wurde sodann direkt an den Walzendynamo angeschlossen. Erwähnt werden kann noch, dass der verwendete Sanyo-Dynamo eine interne Zenerdiode hat, die aber nicht benötigt wird, da sowohl der Minimal-Lader als auch die Vorderlampe eine eigene Spannungsregelung haben. Daher wurde der Dynamo auseinandergenommen, die Zenerdiode entfernt und das Strom führende Kabel direkt aus dem Gehäuse nach draußen geleitet.

Besondere Beachtung verdient nun ein weiteres Detail, das in der Schaltung des Minimal-Laders in Ausgabe 12 (Juli 2010) nicht näher beschrieben wurde: Der USB-Ausgang. Das Ziel ist es schließlich, ein Handy zu laden.

Die meisten Handys haben inzwischen einen normalen Micro-USB-Eingang. Die beste Lösung besteht darin, ein normales Micro-USB-Anschlusskabel durchzuschneiden und den Ausgang des Minimal-Laders dann an die roten und schwarzen Innenkabel anzulöten, die der Stromversorgung dienen. Dann muss man nicht direkt an einen Micro-USB-Stecker löten, was wegen der kleinen Baumaße nur mit viel Übung und speziellen Lötfertigkeiten gelingt. Elektrisch scheint es zunächst ausreichend, den Plus-Ausgang des Minimal-Laders an rot und den Minus-Ausgang an schwarz zu löten, doch was macht man mit den ebenfalls vorhandenen grünen und weißen Datenkabeln? Anstatt diese einfach nur abzukneifen und offen zu lassen, ist es viel sinnvoller, sie zusammenzulöten, also kurzzuschließen! Denn USB-Geräte laden nur dann mit voller Stromstärke, wenn sie an ein Ladegerät angeschlossen sind und nicht an einen Computer, dessen USB-Ausgang maximal 500 mA liefert. Ob das Handy an einem Ladegerät oder an einem Computer angeschlossen ist, stellt es daran fest, ob die Datenkabel kurzgeschlossen sind (dann Ladegerät) oder nicht (dann Computer). Daher lädt das angeschlossene Handy nur dann mit voller Stromstärke, wenn die Kabel kurzgeschlossen sind.

Schließlich kann noch erwähnt werden, dass eine Suppressor-Diode (6,8 V) in das Ausgangskabel mit eingelötet wurde (auf Bild 4 ganz oben erkennbar). Diese hat nur den Zweck, den Besitzer eines teuren Handys insofern zu beruhigen, dass nicht die volle Dynamospannung an das Handy weitergeleitet wird, falls der Minimal-Lader aus irgendeinem Grund seinen Geist aufgeben sollte.

Der fertige Aufbau wurde in passende Schrumpfschläuche geschrumpft und mit zwei Kabelbindern am Bremskabel aufgehängt (siehe Bild 4). Am unteren Ende dieses länglichen Gebildes befindet sich der An/Ausschalter, der von unten bedienbar ist. Er hängt nach unten, damit kein Regenwasser eindringen kann. Der Rest ist wasserdicht verschrumpft.

Bild 4: Der Minimal-Lader am Rad montiert

Über das Aussehen kann man sich natürlich streiten. Bei entsprechenden mechanischen Fertigkeiten wäre es sicherlich auch möglich, das ganze im Steuerrohr unterzubringen.

Hinsichtlich der Montage des Walzendynamos wurde hier ebenfalls eine besondere Lösung entworfen. Und zwar erfolgte die Montage am Vorderrad, sodass die Kabel ganz kurz gehalten werden konnten und keine Kabel am Rahmen entlang geführt werden mussten.

Bild 5: Montage des Dynamos am Vorderrad

Dazu wurde die Klemmvorrichtung des Walzendynamos entfernt und der Alukörper des Dynamos an die Schraube geschraubt, welche durch den Gabelkopf geht und Vorderlampe und Schutzblech hält. Der Dynamo sitzt auf diese Weise hinter der Gabel, sodass er nicht mit der Felgenbremse kollidiert. Er passt perfekt in den Platz, der zwischen Vorderrad, Gabel und Unterrohr besteht. Natürlich hängt es immer von der Länge der verwendeten Gabel ab, ob diese Form der Montage des Walzendynamos möglich ist. Eine weitere Modifikation ist am Schutzblech nötig: Dieses erhält einen Einschnitt, sodass der Dynamo auf der Reifenfläche laufen kann. Mit dem Lötkolben lässt sich leicht ein solches Loch in ein Kunststoff-Schutzblech machen.

Die Kabel des Dynamos wurden sodann direkt mit den Anschlusskabeln der Lampe und des Minimalladers verlötet und mit Schrumpfschlauch versehen. Wer eine flexiblere Lösung möchte, kann hier Stecker verwenden. Dann könnte man den Walzendynamo bei Bedarf auch abklemmen und stattdessen einen Nabendynamo anschließen.

Praxistest

Der Minimal-Lader funktioniert einwandfrei. Folgende elektrische Werte wurden an einem Motorola Pro+ (MB632) gemessen: 250 mA Ladestrom bei 10 km/h, 430 mA bei 20 km/h und 460 mA bei 30 km/h. Damit liefert der Lader so viel Strom, dass der Handy-Akku auch bei laufendem Navigationsbetrieb aufgeladen wird. Und das bei nur wenigen Bauteilen und geringem Bastelaufwand.

Interessanterweise hat es keine Auswirkungen auf die Höhe des Ladestroms, wenn parallel die Vorderlampe angeschaltet ist. Dies zeigt, dass noch Leistungsreserven im Dynamo stecken. Bestätigt wird dies durch eine Vergleichsmessung des Handys an einem normalen Ladegerät: Auch hier zieht es nur 500 mA. Es ist also möglich, dass der Minimal-Lader bei einem Handy, das einen höheren Ladestrom zulässt, auch eine noch höhere Ausgangsleistung aufweisen würde.

Der Walzendynamo hat einen Hebel an der rechten Seite (auf dem Foto nicht sichtbar). So kann er auch während der Fahrt jederzeit mit einem Handgriff an- und abgeschaltet werden. Dadurch kann das Handy beispielsweise auf einer längeren Abfahrt vom Berg geladen werden, da der zusätzliche Rollwiderstand in dieser Situation ohnehin nicht stört. Wenn es dann später bergauf geht, kann der Dynamo wieder abgeschaltet werden, damit er nicht zusätzlich bremst.

Der an dem Minimal-Lader unten angebrachte An/Ausschalter ermöglicht es, nachts die Leistung variabel dem Ladegerät oder aber dem Scheinwerfer zukommen zu lassen. Wenn man maximale Beleuchtungsstärke benötigt, etwa weil man auf einem dunklen Waldweg fährt, kann man (ebenfalls während der Fahrt mit einem Handgriff) das Ladegerät ausschalten. Dann geht die komplette Dynamoenergie in die Lampe und diese leuchtet mit maximaler Helligkeit. Wenn man allerdings in der Stadt oder auf einer normalen Landstraße fährt, reicht es häufig aus, wenn die Vorderlampe schwächer leuchtet (»Positionslampe«). Dann kann man das Ladegerät wieder anschalten, wodurch das Handy geladen wird und die Beleuchtungsstärke deutlich nachlässt.

Und schließlich der wesentliche Vorteil des Walzendynamos: Die meiste Zeit des Tages, während der man weder Licht noch Handy-Ladung benötigt, bleibt die ganze Sache komplett ausgeschaltet, sodass man keinerlei zusätzliche Leerlaufverluste hat.

Zwei Nachteile sollen freilich nicht verschwiegen werden:

Zum einen ist ein Walzendynamo relativ laut, wenn man sonst an Nabendynamos gewöhnt ist. Zur Verringerung der Geräuschentwicklung wurde zusätzlich ein Gummistreifen auf die Walze aufgeklebt (auf dem Foto noch nicht vorhanden). Dazu kann man einen alten Fahrradschlauch aufschneiden, waschen, trocknen, mit Teppichklebeband versehen und dann um die Walze kleben. Dadurch wird der Dynamo ein gutes Stück leiser, aber natürlich nicht geräuschlos wie ein Nabendynamo.

Zum anderen sammelt sich leicht Schmutz am Walzendynamo, der nach einer Tour abgewaschen werden muss. Allerdings ist nach einer Wintertour in der Regel ohnehin eine kleine Wäsche für das Rad notwendig.

Fazit

Die hier vorgestellte Lösung ist etwas eigenwillig, bietet jedoch eine preisgünstige Alternative für denjenigen, der nur gelegentlich Licht und Handyladung benötigt und ansonsten seine normale Vorderradnabe weiter nutzen möchte. Wer dagegen mit dem (geringen) Leerlaufverlust eines Nabendynamos leben kann, sollte sich für einen solchen entscheiden, um die beschriebenen Nachteile hinsichtlich Geräuschentwicklung und Schmutz zu vermeiden. Der Minimal-Lader kann natürlich auch dann auf dieselbe Weise angeschlossen werden wie hier beschrieben.

Zum Autor

Wolfram Buchwitz kommt aus Münster und wurde daher schon kurz nachdem er laufen gelernt hatte aufs Fahrrad gesetzt. Zwischenzeitlich wurde er Jurist, doch konnte dies seiner Begeisterung, aus eigener Kraft die Welt zu erkunden, keinen Abbruch tun.