Ausgabe 26 · Januar 2018

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Winterrad

Wolfram Steinmetz

Bild 1

Aus Platzgründen steht dieses Rad im Moment vor dem Haus, vom Küchenfenster aus jederzeit zu sehen. Das macht Lust darauf, es auch zu fahren. Den stählernen Alpina Pro Mountainbike-Rahmen habe ich sehr gerne für seine ursprüngliche Bestimmung eingesetzt. Seit ein paar Jahren ist aber ein spezialisiertes Winterrad daraus geworden, was wegen seiner Spikereifen nur auf Schnee und Eis sinnvoll einzusetzen ist. Natürlich ist es Luxus, ein Rad nur für diese hierzulande eher seltenen Bedingungen vorzuhalten: Im vergangenen Winter habe ich es genau drei Mal benötigt. Man könnte auch an jedem x-beliebigen Alltagsrad im Winter einfach Spikereifen montieren. Neben der Bequemlichkeit, die Reifen nicht nach Jahreszeit oder Witterung wechseln zu müssen, sind mir meine anderen Räder für den Wintereinsatz aber schlicht zu schade. Dauernde Nässe und vor allem das Streusalz nagen stark am Rad. Zudem setzt sich der bei einem Alltagsrad auf Nässe optimierte Zwischenraum zwischen Reifen und Schutzblech oft mit anhaftendem Schnee zu.

Bild 2: Schutzblechmontage: nicht gerade ästhetisch …
Bild 3: … aber zweckmäßig
Bild 4: STI-Hebel am Mountainbike erlauben Schalten und Bremsen mit der ganzen Hand statt mit steif gefrorenen Fingern.

Ansonsten ist das Rad mit einigen Kompromissen für den Wintereinsatz optimiert:

  • Die Schalthebel sind die sonst am Flatbar eher unbeliebten Shimano-STIs. Der Vorteil ist, dass sie auch mit dicken Handschuhen und durchgefrorenen Händen noch sicher zum Bremsen und Schalten bedient werden können – nämlich mit der ganzen Hand statt nur mit Daumen und Zeigefinger.
  • Die Schutzbleche sind so montiert, dass viel Platz zum Reifen bleibt. Die Räder rotieren immer noch frei, wenn sich am Rad klebriger Schnee und Matsch ansammelt. Dafür sind die Bleche mit entsprechenden Ausschnitten über den Gabelbrücken fixiert. Bei Nässe spritzt es so allerdings leider mehr, die Hosenbeine bleiben nicht trocken.
  • Viel hilft viel: Nach einem kurzzeitigen Experiment mit Mänteln mit nur 120 Spikes sind nun grobstollige Schwalbe-Reifen mit 240 Spikes montiert, die für deutlich bessere Haftung sorgen.
  • Am Vorderrad ist eine unter Winterbedingungen günstigere Scheibenbremse montiert, wenn auch nur ein übrig gebliebenes mechanisches Modell. Am Hinterrad bietet der alte Rahmen diese Möglichkeit nicht. Zumindest vorne ist eine vereiste Felge kein Problem mehr.
  • Keine Kompromisse bei der Beleuchtung: Der B&M Cyo ist zwar aus zwei beschädigten Scheinwerfern zusammengesetzt, von der Lichtleistung her für den dunklen Winterbetrieb aber gut geeignet.
  • Die restliche Ausstattung orientiert sich vor allem daran, was bereits vorhanden, günstig und nicht allzu schade war, unter den korrosiven Winterbedingungen eingesetzt zu werden.
Bild 5: Hochwertiges Material setzt man am Winterrad besser nicht ein.

Wenn dann endlich der erste Schnee oder ein Eisregen kommt, steige ich entspannt aufs Rad. Mit Spikereifen und erhöhter Geschwindigkeit auf eisglattem Grund gaukelt man anderen Radfahrern allerdings immer wieder trügerische Sicherheit vor … Deutlich vorzuziehen ist die Situation, an Ampeln mit durchdrehenden Reifen vergeblich Gas gebenden Autofahrern davonzuziehen.

Zum Autor

Wolfram Steinmetz, Celle, zieht notfalls auch den Fahrradanhänger hinter dem Winterrad durch den Schnee. Alltag, Reisen und Sport finden mit dem Fahrrad statt, ein Auto ist nicht vorhanden.